von Nina Hinterseer
Drei Monate lang warst du mir, liebe Mühle, Schutz, Geborgenheit, Sicherheit und Halt – in einer Zeit des Übergangs – von einem alten Leben in ein Neues. Übergänge haben es so in und an sich; sind oft Zeiten, in denen einem das Vertrauen ins Leben abhanden gekommen zu sein scheint. Das Alte dient nicht mehr, das Neue ist noch nicht wirklich sichtbar.
Ein letztes Mal bei Sonnenaufgang zum Phylotaxis laufen – ein Steinkreis – ein wunderbarer Kraftplatz, mein Lieblingsplatz. Ein Ort, um innezuhalten, der mich spüren lässt, dass es mehr gibt zwischen Himmel und Erde, als ich mit meinen Augen wahrnehmen kann. Ein Platz, der mir vermittelt, dass ich vertrauen darf ins Leben und dass ich mutig voranschreiten soll, weil es das Leben gut mit mir meint.
Meine Augen tauchen ein letztes Mal ein in die unbeschreiblichen Farben von blau und grün des Irrsees. Ein paar Fischer sitzen in ihren Booten und warten, bis ein Fisch anbeißt. Ja, das Warten, bis der nächste Impuls kommt…ich will oft zu schnell weiter, habe nicht die Geduld abzuwarten, bis der nächste Schritt sich mir zeigt.
Ein letztes Mal zum Hafen, mein Lieblingsbeisl am See, wo man willkommen ist und Mensch sein darf, egal woher man kommt und wo das Bier im Steinkrügerl serviert wird.
Ein letztes Mal ein Leberkässemmerl beim örtlichen Metzger ordern. Ja, hier bin ich zur Flexitarierin geworden.
Ein letztes Mal Yoga am rauschenden Mühlenbach. Der Mühlengeist spricht freudig zu mir:“Sei nicht traurig, das Mühlenrad dreht sich weiter. Jetzt ist es an der Zeit weiterzuziehen. Leben ist Veränderung, aber den Schatz des Erlebten kann dir niemand nehmen.“
In inniger Verbundenheit und unendlicher Dankbarkeit, liebe Mühle!
© Nina Hinterseer 2021-07-08