Ich mag die Dunkelheit nicht. Ich verliere in der Finsternis die Orientierung, sogar in geschlossenen Räumen. Meine anderen Sinne lassen mich komplett im Stich. Die scheinen auch keine Lust auf Finsternis zu haben, die arbeiten nur in Verbindung mit dem Sehsinn. Sogar wenn ich nachts in meiner eigenen Wohnung aufs Klo gehe, muss ich das Licht anmachen, sonst renne ich glatt gegen die Wand. Schon als Kind konnte ich Spiele wie „Marco Polo“ oder „Blinde Kuh“ nicht ausstehen. Ich war immer die Schlechteste, die Verliererin, bei solchen Spielen. Ich mag es gar nicht, wenn mir die Augen verbunden werden und ich nichts sehen kann. Was soll ich sagen, ich bin eben ein Augentier.
Umso bewundernswerter finde ich, wie blinde Menschen ihr Leben meistern. Alle anderen Sinne müssen unglaublich gut ausgeprägt sein. Mit dem Stock wird der Untergrund abgetastet. Es wird erkannt, ob es sich um Wiese, Gehsteig, Straße oder Schotterweg handelt. Mit der Hand wird ertastet, was man gerade in der Hand hält. Ist es ein T-Shirt oder doch ein Polsterbezug? Ist es die blaue Hose mit dem ausgestellten Bein oder die rote, eng geschnittene Hose? Das Gehör nimmt eine Stimme wahr und man weiß genau, wo im Raum und in welcher Entfernung sich die Person befindet. Am Geschmack erkennt man, um welche Joghurtsorte es sich handelt und welche Gewürze und Kräuter sich im Essen befinden. Beim Essen, Spazieren gehen oder beim Anziehen, ganz automatisch ist unser Sehsinn bei allen Aktivitäten im Leben beteiligt. Wir denken gar nicht darüber nach. Was aber, wenn man plötzlich nichts mehr sieht? Was, wenn das Licht ausgeht und man plötzlich im Dunklen steht? Fühlt ihr euch auch so unwohl wie ich? Oder sind eure anderen Sinne gut genug geschärft, um sich auch im Dunklen zurechtzufinden? Nehmt an meinem Feuer platz und erzählt mir eure Geschichte.
Im Herbst verstarb Rauli, der treue Begleiter von unserer Story.one-Autorin Gabi Haller. Ein solches Tier ist nicht nur bester Freund und Wegbegleiter. Ein solches, speziell ausgebildetes, Tier ermöglicht einem blinden Menschen, noch aktiver am Leben teilzunehmen. Wanderungen oder ein Spaziergang durch eine fremde Stadt sind durch einen solchen Hund deutlich einfacher und auch sicherer. Doch die Anschaffung eines ausgebildeten Hundes hat seinen Preis: in Österreich ca. 40.000 Euro. Deshalb findet man an meinem Feuer „Licht aus!“ auch ein Spendenkonto. Ich würde mich freuen, wenn wir Gabi bei der Anschaffung eines neuen besten Freundes unterstützen könnten. An alle, die Gabi bereits unterstützt haben: DANKE!
So, jetzt muss ich aber los! Ich muss noch Freunden, Familien und Bekannten von Gabi erzählen! :-)
© Melly Schaffenrath 2021-12-22