Liebe auf den ersten Kick

Florian Hauenschild

von Florian Hauenschild

Story

Über meinem Schreibtisch hängen zwei Zitate. Das erste ist „Nulla dies sine linea“, was so viel heißen soll wie „Kein Tag ohne Zeile.“ Meine Motivation zum Schreiben. Gleich darunter hängt ein ebenso philosophischer Satz: „Ein Tag ohne Fußball ist ein verlorener Tag.“ Recht hat er damit, der Ernst Happel.

Fußball ist mehr als Brot und Spiele. Eine gewagte These in Zeiten, in denen ein wahnsinniger Transfer dem anderen folgt und Unsummen an Geld fließen. Gerade als eingefleischter Real Madrid Fan, wie ich einer bin, sollte man bei solchen Diskussionen nicht zu viel Aufhebens machen. Da gibt es nichts zu gewinnen. Für andere große Clubs aber auch nicht mehr. Aber so weiß das Blut in meinen Adern auch ist, gepumpt wird es von einem blau-gelben Herzen.

Als vor einigen Jahren mein Großvater starb und wir nach der Beerdigung zusammensaßen, kamen wir irgendwie auf das Thema Fußball. Ich fragte meinen Vater, ob Opa einen Lieblingsverein hatte. Papa lachte und meinte, dass er dem „Viennal“ immer die Daumen drückte und wegen ihrer Ergebnisse auch nie beim Toto gewann, weil sie meistens verloren. Ich hatte zu diesem Zeitpunkt keine Ahnung, wer oder was dieses „Viennal“ war. Also suchte ich im Internet und wurde auch gleich fündig. Der First Vienna Football Club. Gegründet 1894 und damit der älteste Fußballverein Österreichs. Spielt in Liga 2. Heimsitz Hohe Warte in Wien. Nächster Termin, ein Heimspiel gegen Altach. Da fahr ich hin!

Also ging’s am Freitag nach der Arbeit nach Amstetten, rein in den Zug und ab nach Wien. Als ich auf der Hohen Warte ankam, überraschte mich die Atmosphäre. Kaum Polizei. Keine Böller. Keine Hassgesänge. Keine vermummten Personen. Stattdessen freundliche Menschen, spielende Kinder und Dudelsackmusik. So geht Fußball auch. Da noch genug Zeit war, kaufte ich mir ein Bier und eine Käsekrainer. Noch bevor ich mir einen Platz suchen musste, lud mich ein älterer, aber sichtlich jung gebliebener Herr an seinen Stehtisch ein. Ich nahm dankend an und aus ihm sprudelte es gleich heraus: „Also wenn die heut so spielen, wie gegen Kapfenberg letzte Woche, dann krieg i an Infarkt. Zwaa Tor in de letztn Minuten. Des is doch oag!“ Leicht beschämt, musste ich zugeben, dass die Partie gegen Altach mein erstes Vienna Match war und erzählte ihm meine Geschichte von Opa, „Viennal“, Toto, 2 Stunden Anreise usw. Der Mann blickte mich kopfschüttelnd an: „Warum Bua, duast da des an?“

Bevor es auf die Tribüne ging und sich unsere Wege trennten, klopfte er mir noch auf die Schulter: „Viel Spaß. Entweder kommst nimmer oder nachher immer.“ Und er sollte Recht behalten. Das Match war ein spannender 2-1 Sieg für die Vienna. Was mir aber noch mehr in Erinnerung blieb, und mich bei jedem Match wieder freut, sind die Freude, der Schmäh, und die Menschlichkeit, die auf der Hohen Warte herrschen, auch wenn es mal gar nicht läuft für die Blau-Gelben.

In diesem Verein haben Hass, Rassismus, Sexismus und jede andere Form der Ausgrenzung, keinen Platz. Und dafür liebe ich die Vienna. Mittlerweile bin ich Vereinsmitglied und bereue es keinen Tag. Come on Vienna!

© Florian Hauenschild 2019-04-14

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