von Michele
„Wenn er dir nicht mindestens drei Mal pro Woche Blumen kauft, dann solltest du ihn verlassen!“ – solche Weisheiten prasseln ständig auf uns ein, gepostet von den vermeintlich perfekten Paaren auf Instagram, TikTok und Co. Wenn er nicht dies tut, wenn er nicht das sagt, dann VERLASS IHN. Klar, mediale Freiheit – jeder darf sagen, was er will. Also sage ich jetzt mal: Kein Wunder, wenn genau diese Paare eine Woche später mit einem „Ja, wir haben uns getrennt, aber fragt nicht warum“-Post auf Nimmerwiedersehen verschwinden. Danke, aber nein danke, von euch hole ich mir keine Beziehungstipps.
Trotzdem schleicht sich dieser Verglich in den Kopf. Warum hat er das nicht gemacht? Warum bin ich nicht die Hauptdarstellerin in einem perfekt inszenierten Liebesfilm? Unterbewusst messe ich meine Beziehung an diesen makellosen Bildern – dabei weiß ich doch, dass das alles nur Illusion ist. Mein Freund ist kein Influencer. Er arbeitet hart und spart, damit wir uns ab und zu einen Urlaub leisten können. Unsere Likes finanzieren keinen Lifestyle, und ehrlich gesagt: Das ist auch okay so.
Natürlich könnte ich den Influencern die Schuld dafür geben, dass meine Beziehung regelmäßig scheitern. Aber nein, das wäre eine Lüge. Sie zeigen uns nur das, was wir sehen sollen: die perfekten Momente. Doch sicher haben auch sie Streit, genervte Abende und Tage, an denen sie ihren Partner am liebsten zurückschicken würden – nur bleibt das vor der Kamera verborgen. Stattdessen sehen wir Sonnenuntergänge, großzügige Geschenke und bedeutungsvolle Blicke: Was fehlt, ist die Realität: Liebe bedeutet nicht nur Romantik, sondern vor allem Kommunikation, Verständnis und jede Menge Kompromisse.
„Social Media hat uns gelehrt, dass die Liebe vor allem eines sein muss: Instagrammable.“ Und wenn er mir schon keinen Croissant-Herz-Karton vor die Tür stellt, dann wenigstens mit Filter und perfektem Licht, oder? Genau da liegt der Fehler: Liebe findet nicht in perfekt inszenierten Bildern statt, sondern in den ehrlichen, unperfekten Momenten. Liebe braucht keine Likes, keine perfekten Posen und auch keine endlosen Checklisten von Fremden. Was sie braucht, sind echte Momente, gegenseitiges Verständnis und eine Menge Geduld – und die passieren selten in den Highlights einer Instagram-Story, sondern meist in Jogginghosen, ohne Filter und mit einem Eimer voll Kompromissen.
Am Ende braucht Liebe keine Likes, keine pompösen Gesten und keine Ratschläge von Fremden. Sie braucht echte Nähe, Verständnis und Geduld. Die schönsten Liebesgeschichten passieren ohne Filter – bei einem Streit über den Abwasch oder in einem ehrlich gemeinten „Tut mir leid“.
Also, an all die selbsternannten Beziehungs-Coaches mit ihren „Wenn er nicht dies tut, dann renn“-Regeln: Behaltet euren Filtermodus für euch. Liebe ist kein Hochglanzmagazin, und mein Partner ist kein Bewerbungsvideo für eure absurden Standards. Vielleicht renne ich nicht, weil ich weiß, dass echte Beziehungen in den ungeschönten Momenten entsteht – nicht in den perfekten, die ihr uns verkaufen wollt. Und ehrlich? Danke für nichts.
© Michele 2025-01-11