Liebe ist keine Mathematik, sondern ein Gefühl

Andreas Czwodzinski

von Andreas Czwodzinski

Story

Weiß. Wie ein Meer aus Milch. Grün-Blau wirkt die Insel, in deren Mitte ein schwarzes Loch klafft. Alles relativ gut zu erkennen, wenn Mensch aus der Vogelperspektive schaut. Das dumpfe Geräusch, welches immer klarer wird, holt Michael wieder zurück auf den Boden. Glasklar hört er Ninas verrauchte Stimme, während er weiter in ihre grün-blauen Augen blickt.

,,Mike, was ist los mit dir?“

Sie sind nicht zusammen, aber ihre Affäre läuft schon seit 6 Monaten. Ein Zeitraum, indem sich intensives Vertrauen entwickelt. Beide sitzen in der hellblau gestrichenen Küche, an einem alten Holztisch und frühstücken. Zarte Finger streichen fast goldene Locken von einer faltenlosen Stirn, als sie ihre Frage wiederholt:

,,Hey, was ist los?“ -Nicht Wut, eher ein Hauch von Verzweiflunglässt Ninas Tonfall ein Stück in die Höhe schrauben.

,,Nichts.“ -brummt Mike monoton, wobei er das -ts- leicht wie eine Schlange zischt- ,,bin gerade aufgestanden und Hundemüde.“

In seiner Bauchhöhle fängt es wieder an zu kochen, langsam kann es mit dem Lügen nicht weitergehen. Ninas Augenlied zuckt leicht, als sie seine Antwort hört. Manche Menschen spüren es, wenn etwas nicht stimmt. Sie blickt auf seine Hände und muss daran denken, wie sie sanft aber bestimmt über ihren Rücken streichen. Ihre Augen wandern auf seine dünnen, aber gefühlvollen Lippen. Gänsehaut überzieht ihren ganzen Körper, als sie Gedankenversunken abschweift und das Gefühl in ihr aufsteigt, wenn er ihren Nacken küßt. In einem Impuls, der in einem Wirbel aus Unruhe geboren wird, kontrahieren Ninas Muskeln. Schlagartig steht die Frau mit den goldblonden Locken auf und geht zu dem Gardinen verhangenem Fenster, mit dem Rücken zu Mike gewandt. Er kann sie nicht ansehen, ohne dass sich sein Magen umdreht und sein Herz fast aus der Brust zu springen scheint. Natürlich hat er aus Affekt auf ihre wohlgeformten, wippenden Brüste geschaut, als Nina sich hoch bewegte. Auf ihren ebenso prallen Hintern, nur kurz, während dieser naturhübsche Mensch am Fenster steht. Seine Blicke wandern auf den Boden, durchwachsene Gefühle ziehen seinen Kopf nach unten. Die flache Hand, des am Tisch sitzenden Mannes, klatscht auf das Holz und bringt den Inhalt seiner Kaffeetasse zum überschwappen. Die schwarze Flüssigkeit verteilt sich auf dem eichefarbenden Tisch.

,,Ich kann das nicht, Nina, ich halte es nicht aus.“ – Mikes braune Augen werden glasig, sein Herz bebt, die Stimme, mit der er spricht, bricht und ist nicht wertfrei.- ,,Wie konntest du nur mit ihm schlafen?“

,,Ich muss mich vor dir nicht rechtfertigen.“ -haucht Nina kühl und leise vor die Gardine, bevor sie energisch in das Badezimmer geht. Noch bevor sie sich auf die Klobrille setzt, treffen Tropfen die kühlen Fliesen. Mikes Tränen klopfen auf Holz, als er Nina im Badezimmer weinen hört. Beide verstehen die Welt für einen Moment nicht mehr. Wo Schmerz ist, ist auch Hoffnung, beides Gefühle, die Hand in Hand laufen. So wie Mike und Nina am nächsten Tag.

© Andreas Czwodzinski 2021-08-14

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