Liebe = Sex, Sex = Liebe?

Ulrike Sammer

von Ulrike Sammer

Story

So einfach kann für viele Menschen die „Rechnung“ sein.

Alles, was der gemeinsamen Freude, der Befriedigung und dem Spaß dienlich ist, hat gleichermaßen seine Berechtigung. Gemeinsam etwas Angenehmes zu erleben, hat oft (auch) etwas mit Liebe zu tun. Neuere medizinische Forschungen haben gezeigt, was uns die Beobachtung schon immer sagte: Das sexuelle Erleben von Männern unterscheidet sich sehr von dem der Frauen!

Man fand Regionen im Gehirn, die unsere Sexualhormone und daher unser Paarungsverhalten steuern. Jenes Zentrum, das die Triebe in Bewegung setzt, ist bei Männern etwa fünfmal so groß, wie bei Frauen. Das bedeutet, dass nun der physiologische Beweis erbracht wurde, dass Lust nicht in den Geschlechtsorganen, sondern im Kopf erzeugt wird. Die Hormonproduktion kommt bei gesunden Männern seit Millionen von Jahren durch wenige Schlüsselreize (Busen, Po) in Gang. Bei Frauen ist das sexuelle Erleben jedoch von viel mehr Außenreizen beeinflusst – aber auch störbar. Frauen beziehen in ihre Empfindungen viele Wahrnehmungen ein. Die vielfach überbewerteten Stellungen und „Fingerspiele“ sind nachrangig. Nachdem Männer im Allgemeinen leichter sexuell anspringen, haben sie die Bedingungen, die sie brauchen, öfter erfüllt als Frauen. Daher kommen die häufigen Klagen: „Mein Mann will dauernd …“, „Meine Frau will viel zu selten …“.

Warum nur hat uns die Schöpfung so geformt, dass es auch heute noch jede Menge Konflikte um den Sex gibt?

Nun – es scheint, dass unsere Menschen-Männchen ein sehr einfaches und stabiles „Strickmuster“ ihrer Sexualität brauchen, um den Fortbestand unserer Spezies zu sichern. Während unsere Menschen-Weibchen mit ihrem Nestpflegetrieb ein ausgesprochen differenziertes Wahrnehmungssystem haben, um die Bedürfnisse der Brut adäquat zu beantworten. Seit den Neandertalern haben wir uns in diesem Punkt kaum verändert.

Dass sehr vieles unseres Verhaltens auf die Produktion und Aufzucht der Nachkommen ausgerichtet ist, dafür sprechen auch andere psychologische Beobachtungen: Das sexuelle Gefühl der Männer ist nicht nur simpler, es ist auch egozentrischer. Für den Mann zählt an erster Stelle seine Potenz und sein Orgasmus. (Daher sind pornografische Hefte meist reduziert auf die Schlüsselreize, die dem Mann die erwünschte Erektion bringen). Ein gutes Beispiel für die weit verbreitete männliche Sichtweise ist ein Spruch, den ich in einem dreirädrigen Gefährt auf der kleinen philippinischen Insel Santa Rosa las:

Love is

to measur how deep is yours

how long is mine.

Die sexuellen Fantasien von Frauen jedoch sind häufig ganze Szenen, Geschichten, in denen (zumindest) ein Partner eine wichtige Rolle spielt. Die weibliche Erregung ist oft an die des Gegenübers gekoppelt. Diese Orientierung auf einen anderen, selbst in Augenblicken höchster Lust, hat vermutlich mit der genetisch bedingten Ausrüstung zu tun, die „Jungtiere“ niemals ganz aus den Augen zu verlieren.

© Ulrike Sammer 2023-01-21

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