Liebe und Tragödie

Elisabeth-Christine Kayser

von Elisabeth-Christine Kayser

Story

Etwas Wichtiges habe ich vergessen, das fiel mir diese Nacht ein. Werde das später einfügen müssen, den genauen Ablauf telefonisch erfragen, damit es stimmig wird. Das Geschehen zwischenzeitlich will noch geschrieben und chronologisch eingeordnet werden, das braucht Zeit …

Unbeirrt verfolgte meine Schwester ihr Ziel, obwohl sie kaum zu Hause Rückhalt hatte. Mir sagte sie eines Tages: »Ich will mich vor meinem 18. Lebensjahr nicht mit einem Mann intim abgeben!« So war es dann auch. Ihre Charakterfestigkeit war wirklich bewundernswert. Was sie sich vornahm, das zog sie durch, nicht wie ich. Meine Wankelmütigkeit machte mir sehr zu schaffen, was sich später sehr rächen sollte. Dazwischen lagen noch andere Katastrophen. Jetzt geht es um sie …

Es ergab sich, dass sie jemand kennenlernte, der total von ihr angetan war. Er lud sie mehrfach zum Essen ein. Sie besuchten gemeinsame Kulturveranstaltungen und mehr. Meine Schwester gab sich so, wie sie war. Trotz ihres jungen Alters war sie die perfekte Dame, besonders was das Benehmen betraf und die Bescheidenheit. Er sah, dass sie als Schülerin finanziell arm dran war und kaufte ihr Wichtiges, ohne sie zu überschütten. Blumen nahm sie gern. Es blieb bei Küssen und Zärtlichkeiten. Er bedrängte sie nicht, akzeptierte ihren Standpunkt, war rücksichtsvoll und wollte warten – stellte sie eines Tages seinen Eltern vor. Seltsame Fügung, wie im Film. Sie wohnten in der Brockhausstraße und führten einen Buchverlag …

Ich schrieb schon damals Kurzprosa und Lyrik, allerdings nur für mich und Hobbyausstellungen, zumal mein Selbstwertgefühl sehr gering war. Meine Zeit war noch nicht gekommen. Alles musste reifen, auch ich. Meine Schwester lernte seine Schwester, eine Lehrerin kennen. Beide verstanden sich trotz Altersunterschied auf Anhieb.

Eines Tages sollte ich IHN kennenlernen. Das wollte ich nicht, zumal ich mich fürchterlich schämte. Wohnte zur Untermiete bei einem alten Herrn – Dank seiner Enkelin. Einen Monat vor meinem 18. Geburtstag kam mein Kind zur Welt. Hochschwanger hatte ich trotzdem meine Abschlussprüfung mit gut bestanden. Gewann sogar bei der Bezirksspartakiade der Geflügelzüchter einen Preis. Meine Lehrausbilderin weinte vor Freude. Eigentlich wollte ich kein Kind, doch unaufgeklärt und naiv wie wir damals waren …

Mittlerweile hatte ich erfahren, dass der Freund meiner Schwester bereits promoviert – seinen Doktorabschluss besaß und in der Geburtshilfe und Frauenheilkunde tätig war.

Beide waren plötzlich da. Sie warteten unten in der Gaststätte. Er groß, Goldrandbrille, typisch klug aussehend gefiel mir. Verlegen zeigte ich ihm meine Kleine, die er sofort auf den Arm nahm. Freute mich sehr darüber. Das war das einzige Treffen, was ich nie vergessen werde.

Bei einem Glas Wein offenbarte er Monate später meiner Schwester, dass er unheilbar an Leukämie erkrankt sei und dass ihm nicht mehr geholfen werden könne. Todesanzeige und tausend Tränen folgten.

© Elisabeth-Christine Kayser 2021-04-13

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