von Kerstin Teubl
Da stehe ich nun, in meinen lila Gummistiefeln und nichts als Matsch unter meinen Füßen.Ich war es die ihn dazu überredet hat, dem Bauern den Pachtvertrag zu kündigen und das Stück Land für uns zu nutzen. Der Traum vom eigenen Obst und Gemüse, den ich ihn mit süßen Worten schmackhaft gemacht habe. Dabei habe ich doch gar keine Ahnung vom Gärtnern oder von der Landwirtschaft, lediglich eine Vision von einem besseren und natürlicheren Leben.
Da gehe ich nun, mit meinen lila Gummistiefeln über das Feld, welches um so vieles größer aussieht als in den Wochen zuvor, als hier noch der Mais dicht an dicht gestanden hat. Mit jedem Schritt kommt Angst in mir hoch und die Frage, ob ich diesmal zu viel vom Leben verlangt habe und ob ich diesmal meine Träume zu groß geträumt habe?
Da stehe ich nun, mit meinen lila Gummistiefeln, atme tief ein und aus, genieße die Herbstsonne in meinem Gesicht und säe die Samen des Mutes in mir. Denn nun gibt es kein zurück mehr, der Mais ist geerntet, mehr als 4000qm nackte Erde liegen vor mir und erwartungsvolle blaue Augen blicken mich hilflos an.
Mut erwächst in mir, Hoffnung und Freud auf die kommenden Herausforderungen steigen in mir hoch und noch bevor der Winter die Natur in einen tiefen Schlaf geleitet, möchte ich beginnen diesem Stück Land neues Leben einzuhauchen und meinen Träumen eine Chance geben.
So gehe ich nun, mit meinen lila Gummistiefeln quer über das Feld, belade die Scheibtruhe mit allem, was ich brauche. Obstbäume, Wühlmausgitter, Stützpfosten und was man sonst noch braucht, um einen Obstgarten anzulegen. Abstände abmessen, Löcher graben, im Matsch versinken und weiter machen …
Es ist getan, die erste Hürde ist überwunden, die ersten Pflanzen schlagen Wurzeln und die Dinge nehmen ihren Lauf.
So ziehe ich sie nun aus, meine lila Gummistiefel und lege auch sie zur Winterruhe, so wie auch das große braune Feld nun schläft, während ich Tag für Tag die Bücher wälze.
Mischkultur, Fruchtfolge, Ernte und Lagerung. Pflanzenfamilie, Gründüngung, Kompost anlegen und Jauchen ansetzten. Wenn ich meine Träume verwirklichen will, brauche ich einen wachen Geist.
Die kalten Wintertage weichen, erste Sonnenstrahlen ziehen mich hinaus auf das Feld, denn von einem Garten kann man hier noch lange nicht sprechen.
Also ziehe ich sie wieder an, meine lila Gummistiefel, gehe hinaus und Stelle mich ALLEM was da kommen mag. Erfolge und Misserfolge werden meinen Weg kreuzen, Menschen, die mich verspotten und andere die an mich glauben werden ein Teil davon sein.
Doch ich bleib immer ich und schlage Wurzeln in meinen Träumen, die mich nähren und durch das Leben tragen.
Da stehe ich nun, in meinen lila Gummistiefeln. Sechs Jahre sind vergangen, grünes Gras und wilde Blumen sprießen unter meinen Füßen. Die Vögel zwitschern von den Bäumen, Bienen und Hummeln umschwirren die zahlreichen Lavendelsträucher, ich nasche ein paar süße Beeren frisch vom Strauch und weiß, dass ich nicht mehr träume …
© Kerstin Teubl 2021-04-13