LILO – EINE BESONDERE VERBINDUNG

Elli-Heiglmaier

von Elli-Heiglmaier

Story

Meine Taufpatin ist das, was ich als Seelenverwandte bezeichne.

Obwohl sie meine Patin und in Jugendjahren beste Freundin meiner Mutter war, haben wir uns nur selten getroffen.

Trotzdem war da eine starke Verbindung zwischen uns.

Heute kann man sich das nicht mehr vorstellen, aber ich erinnere mich immer noch an einen Pullover, den sie mir zu Weihnachten geschenkt hat. Er war fröhlich und bunt – ich war besonders stolz darauf, schließlich war er von Benetton. Das war damals schon etwas Besonderes.

FĂĽr mich ist er es heute noch.

Ich glaube, ich war immer ihr Lieblingspatenkind (und sie hatte viele). Sie hatte keine eigenen Kinder und war ziemlich gut betucht, wie man so schön sagt.

Dementsprechend wurde sie von ihren Patenkindern ausgenutzt. Ich war die einzige, die nie irgendwelche Forderungen gestellt hat.

Sie starb kurz nach ihrem 60. Geburtstag.

„Die Guten gehen zuerst“.

Ich verstehe es nicht.

Mein Mann meint, bei den Guten fällt es uns mehr auf als bei anderen.

Ich bin froh, daß wir noch 2 schöne Reisen mit ihr gemacht haben.

An dem Tag, als ich erfuhr, daĂź meine Patentante BauchspeicheldrĂĽsenkrebs hat, habe ich geweint, konnte mich kaum beruhigen.

Irgendwie wusste man, daĂź das eine ganz besonders schlimme Diagnose war.

Eine Operation war nicht möglich.

Jede Biopsie ergab ein negatives Ergebnis. Trotzdem wurde eine schwere Chemotherapie begonnen.

Ich fragte einen Arzt „woher weiß man, daß sie wirklich diese schlimme Diagnose hat?“. „Wenn sie in einem Jahr nicht mehr da ist“, sagte er „wissen wir es“. Genauso war es .

Ein junger Mann, den sie im Krankenhaus kennengelernt hatte, hatte die gleiche Diagnose (er verstarb 6 Monate nach meiner Tante). Er erzählte ihr von einer Bestrahlung in München.

Sie nahm, obwohl schon geschwächt, die Strapazen der Fahrt auf sich.

Die Bestrahlungen schenkten ihr noch 6 qualvolle Monate.

Niemand durfte sie in der Zeit besuchen oder mit ihr telefonieren.

Ihr Mann meinte es wäre ihr Wunsch.

Ich schrieb ihr einen Brief, ohne zu wissen, ob sie den Inhalt noch mitbekommen wĂĽrde.

Ich fragte meine Freundin „Warum will sie mich nicht sehen, wir haben doch seit der Diagnose oft miteinander telefoniert, sie hat mir alles erzählt!“

Ich verstand es nicht.

Durch einen einzigen Satz meiner Freundin habe ich meinen Frieden gefunden: „Sie will dich schon sehen, aber sie will nicht, dass du sie so siehst.“

Ich hätte mich so gerne von ihr verabschiedet.

Meine Ärtzin meinte, es gäbe noch eine andere Art sich zu verabschieden.

„Sie können sich durch die starke Verbindung auch innerlich von ihr verabschieden“ sagte sie.

Meine Tante hat mir in unseren Telefonaten viel fĂĽrs Leben mitgegeben.

„Tu nur das, was DU willst“ (dieser Satz liegt mir besonders am Herzen, denn ich habe, genau wie sie, immer versucht es allen recht zu machen).

Ich habe diese Sätze auf kleine Kärtchen geschrieben und immer bei mir.

Sie erinnern mich daran, wie gut es mir geht.

© Elli-Heiglmaier 2019-10-08