von NathalieFrance
Besondere Zeiten erfordert Änderung der Gewohnheiten. Ich bekenne mich zur Lippenstift-Liebhaberin und habe deshalb auch ziemlich viele davon. Natürlich in allen möglichen und unmöglichen Farben, angefangen von Schwarzrot über orange bis hin zum Ballettänzerin-Pastellrosa. Was ich nicht besonders mag sind die, die nach Früchten riechen, das animiert meiner Meinung nach zum Essen und das ist wiederum nicht sonderlich hilfreich bei der Erhaltung der Figur, sofern man darauf Bedacht nimmt. Nun sind wir alle gezwungen, Nasen-Mundschutz-Masken zu tragen und da fällt das Lippenstift-Make-Up flach, zum Leidwesen der Kosmetikindustrie. Und ich kann meinem täglichen Morgen-bevor-ich-aus-dem-Haus-gehe-Ritual auch nicht mehr nachgehen. Ohne Lippenstift gehe ich nie aus dem Haus. Das ist der letzte Handgriff, bevor ich ins Geschäft fahre. Das letzte Adjustieren vor dem Spiegel, ob ich so unter die Leut‘ gehen kann, das letzte Checken, ob alles passt. Für mich ein wichtiges Ritual, damit ich komplett bin, ganz Frau sozusagen. Das kleine Waschbecken mit Spiegel und Ablage vor der Gästetoilette ist sozusagen meine letzte Station- dort stehen sie, aufgereiht wie kleine Zinnsoldaten. Meine Lippenstift-Kollektion in den aktuellen Trendfarben – matt oder mit Glitzer, je nach Stimmungslage. Wenn ich mehr Zeit und Muße habe, dann auch mit passendem Konturenstift. Manchmal wähle ich die Farbe passend zur Kleidung, und wenn die Kleidung in der Farbgebung dezent ist, wähle ich frei heraus. Das samtige Gefühl auf den Lippen, wenn ich den Stift ansetze und die Lippen nachzeichne, ist unbeschreiblich.
Nun denn, so ist es derzeit nicht. Traurig sehe ich mir die Reihe an Lippenstiften an, die dastehen und warten, auf bessere Zeiten oder auf ein Ende der Maskenpflicht in Geschäften. Oder auf den sehnsüchtig erwarteten Impfstoff, aber das wird bestimmt noch andauern. Traurig greife ich also früh morgens zu meiner farblosen Lippenbalsam-Variante. Das angenehme Gefühl flammt auf, jedoch leider farblos und trostlos. Ein Leben ohne Farben könnte ich mir nicht vorstellen. Wie sonst hätten die großen Impressionisten ihre Kunstwerke erschaffen können? Ein kleiner Farbklecks nach dem anderen, aneinandergereiht zu einem großen einzigartigen Kunstwerk – Renoir, Van Gogh, Monet, Degas, Gauguin, ich liebe sie alle. Ich bin auch eine Künstlerin, die vor ihrer Staffelei die ganze Farbpracht ansieht und die Rufe hört:“Heute ist ein guter Tag für PINK!“ Oder :“Ein bisschen dezenter, bitte, nimm NUDE!“ . Abgesehen von der Liebe zur Farbe kenne ich die gesamten Farbnamen, die nicht nur beim Make-Up Trend sind, sondern auch Farben für Wände. Erst kurz vor Ostern haben wir das Zimmer unserer Tochter neu gestrichen, und die von ihr ausgewählten Farben hießen „CHANEL“ und „FLAMINGO“. Chanel ist ein herrliches Grün mit Blaunuance und Flamingo spricht für sich selbst.
Deshalb mein Credo: Corona over – Lipstick on!!!
© NathalieFrance 2020-05-03