von Finja Prodöhl
Manchmal braucht es nur ein einziges Date, um sicher zu sein. In diesem Fall sicher, dass ich keine weiteren Dates wollte.
Ich hatte mir nach Monaten der Dating-Abstinenz auf Drängen meiner Freunde ein Dating-Profil auf einer dieser unzähligen Apps angelegt. Sie versprach die wahre Liebe, so schnell und problemlos, dass es sich fast zu schön anhörte. Trotzdem hatte ich beschlossen, es auch mal zu versuchen, wie schon so viele Singles vor mir.
Schon am ersten Tag hatte ich eine Handvoll Matches mit Frauen aus der Gegend: Eine war dabei, die nur eine dritte Person für ihren Freund und sich suchte. Eine andere hatte einen kleinen Sohn – ein No-Go für mich, denn ich konnte nichts mit Kindern anfangen. Erst recht nicht in meiner derzeitigen Lebenssituation. Mit den anderen fing ich an, länger zu chatten. Die Nachrichten waren mal oberflächlicher, mal tiefgründiger. Doch nur mit Lisa hatte ich das Gefühl, wirklich auf einer Wellenlänge zu sein. Schon nach wenigen Tagen beschlossen wir, gemeinsam spazieren zu gehen.
Am Tag des Treffens war ich nervös. Es war mein erstes Date seit einiger Zeit und noch dazu das erste, bei dem ich die betreffende Person nicht auf die eine oder andere Weise bereits kannte. Die Auswahl meines Outfits und das Zurechtlegen meiner langen blonden Haare dauerten eine Ewigkeit. Zögernd begab ich mich endlich zum verabredeten Treffpunkt.
Am Eingang zu dem kleinen Park angekommen wartete ich mit weichen Knien, denn ich konnte nicht einschätzen, was mich erwartete. Eine Frau mittleren Alters kam auf mich zu: „Bist du Hanna?“ Ich nickte verdattert. Das sollte Lisa sein? Sie sah kaum aus wie auf den Fotos. Zugegeben, eine gewisse Ähnlichkeit war erkennbar. Doch ich hätte sie wohl eher für eine ältere Verwandte der jungen Frau, die mein Date sein sollte, gehalten. Ihre Mutter vielleicht, oder eine Tante. Die Bilder auf ihrem Profil waren wohl schon einige Jahre älter – oder gut bearbeitet.Ernüchtert entschied ich, dem ganzen dennoch eine Chance zu geben. Wir schlenderten um den großen Teich in der Mitte des Parks herum und ich beobachtete verzückt die lebhaften Enten. Zuerst sagte keine von uns ein Wort. Meine Hoffnung schwand, ich hatte das Gefühl, mich in meinem Gegenüber getäuscht zu haben.Irgendwann beschloss ich, die Stille zu brechen. Meine Frage nach ihren Hobbies beantwortete sie so langatmig, dass ich dachte, ich würde Fachliteratur über Tennis und italienische Gerichte lesen. Mich hingegen fragte sie nichts. Wie es schien, hatte sie nur jemanden zum Reden gebraucht, oder sie war eine egozentrische Person.Ich fand es nicht heraus, wollte es nicht herausfinden, denn nach diesem ersten, missglückten Date löste ich unser Match und swipte mich weiter durch die Tiefen des Internets auf der ewigen Suche nach meiner Person fürs Leben.
© Finja Prodöhl 2023-01-17