Los Angeles

Manfred Sommersgutter

von Manfred Sommersgutter

Story
Los Angeles 2025


Sie hatten sich getrennt. Peter zog es zu den altägyptischen Mumien, die in geöffneten Sarkophagen zu sehen waren. Deren Haut war eingetrocknet, die Kopfhaare zum Teil noch erhalten. Das wollte Sabine partout nicht sehen. „Da wird mir übel“, sagte sie. „Ich geh’ da auf keinen Fall hin.“ „Schade, aber ok, dann treffen wir uns in zwei Stunden bei der Ausstellung der Fabergé Eggs.“ Am Weg dorthin, im Museum of Natural science in Houston, blieb Sabine vor einem Monitor stehen. 15 Leute starrten gebannt auf die Bilder brennender Häuser in Los Angeles. „Um Gottes willen, das wird sich doch nicht weiter ausbreiten, sagte sie zu dem neben ihr stehenden Mann mit großem Hut.“ Der verstand sie nicht, fragte „Lo siento, ¿que?“ Sabine dachte, wahrscheinlich wieder einer aus Mexiko, als wären nicht schon genug Ausländer hier. Sie verdrängt stets, dass sie selbst Emigranten aus Deutschland waren. Sie hatten Glück. Als Immobilienmakler war Peter rasch zu Reichtum gekommen. Den zeigt man dort ja gerne und sie hatten sich bald schon eine Villa an der Küste leisten können. Jetzt war sie nervös geworden, die Fabergé-Eier waren ihr egal. Sie lief panikartig in das Tiefgeschoss. Ihr Mann muss da irgendwo sein. Gedämpftes Licht, sie rempelt an einer Stiegenhaus Ecke eine Dame an. ¡Disculpe! Bringt sie nur hervor und ärgert sich, dass sie es auf Spanisch sagt. Endlich sieht sie ihren Mann, zerrt ihn sofort die Stiegen hinauf, ist ganz außer Atem. „Was ist denn los, Sabine“ herrscht er sie an, „kannst du mich nicht in Ruhe die Mumien besichtigen lassen?“ Peter, es brennt zu Hause, stammelt sie. „Wie, was, warum“, stottert jetzt Peter. „Ich habe es im Fernsehen gesehen.“ „Was, unser Haus, das gibt’s doch gar nicht.“ Nein, aber in Los Angeles brennt es ganz schlimm, Peter, wir müssen nach Hause! Wir müssen unsere Habseligkeiten retten! Jetzt wurde auch Peter nervös. Er dachte sofort daran, dass er sich gegen Feuer nicht habe versichern können. Das wusste zum Glück Sabine nicht, aber ihren Schmuck wollte sie in jedem Fall rechtzeitig aus der Villa schaffen. Der war ja vom Schwarzgeld gekauft worden, wie sie es Peter bei einer feuchtfröhlichen Geburtstagsfeier rein zufällig ausplaudern hörte. Sie waren sich also aus unterschiedlichen Motiven rasch einig, den Urlaub abzubrechen und den Rückflug umzubuchen. So sehr es Peter auch versuchte, ein Rückflug war erst in 3 Tagen zu bekommen. Natürlich telefonierten sie alle paar Stunden mit den Hausangestellten, die berichteten, dass ständig Feuerwehren unterwegs seien, das Wasser knapp und manche Hydranten sogar trocken seien. Peter versuchte zu beruhigen. Wir haben unser Haus doch an der Pacific Palisades Beach, da haben wir auf der einen Seite das Meer und auf der anderen den Pacific Coast Highway. Da wird uns das Feuer nicht erwischen! Die Nachrichten wurden jeden Tag beunruhigender, immer mehr Brandherde, immer rasantere Ausbreitung des Feuers durch heftigen Wind. Die Ankunft in Los Angeles war zu spät. Sie durften nicht einmal in die Nähe ihres Wohnviertels fahren, es stand in Flammen. Sabine heulte. Peter dachte nur noch an die 15 Stück 1kg Goldbarren, die er im Tresor ohne Wissen seiner Frau gebunkert hatte. Ausgerechnet jetzt, wo jedes Stück über 86.000 Dollar wert war! Er wollte sofort zu seinem Haus. Polizisten stoppten ihn. Sie hatten die Straßen bereits gesperrt und meinten, Plünderer seien unterwegs.


© Manfred Sommersgutter 2025-01-15

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