Mach mich heiss, Iggi!

HelgaP

von HelgaP

Story

Meine Augen tränen. Ich sehe fast nichts, da der Rauch wie ein dichter Nebel um mich steht. Hustend und fluchend versuche ich die aufsteigende Wut in mir zu bändigen.

Ich dachte, ich wüsste alles. Hätte jede Wetterlage, jedes Hoch und Tief im Griff. Doch heute sind alle noch so listenreichen Versuche vergebens: es brennt nicht.

Wer ein hundert Jahre altes Haus sein Eigen nennt, in dem ein Heizkessel aus den 60-Jahren im Keller steht, wird vielleicht meine Verzweiflung verstehen. Dabei liebe ich Holz. Es ist ein wunderbarer, gut duftender Rohstoff, der einen schon bei der Verarbeitung wärmt. Unser Wald, der gleich 100 Meter neben unserem Haus einen sanft ansteigenden Hügel bedeckt, liefert seit Jahrzehnten das Brennmaterial, das uns im Winter das menschliche Grundbedürfnis der Wärme spendet.
Was wohlige Wärme bedeutet, merkt man am besten, wenn man aus der Kälte kommend mit klammen Fingern und eisiger Nasenspitze dankbar aufseufzend einen warmen Raum betritt.

Ich bin in meinem Haushalt der hauptverantwortliche Heizer. Obwohl ich schon vor Jahren Infrarotplatten installieren ließ, die den Strom der Photovoltaik am Dach in Form von behaglicher Raumtemperatur für uns zunutze machen, ist bei Schnee ein Heizen des alten, schon leicht rostgeplagten Kessels notwendig. Ich glaube alle Heiztricks zu kennen. Ich schichte Papier, Späne aus Fichtenholz und dann etwas dickere Holzscheite in einer luftigen Pyramide. Ich stelle die Lüftungsklappe je nach Wetter in die richtige Position. Falls notwendig öffne ich das Kellerfenster einen Spalt breit.

Dann kommt der Moment des Anzündens. Am besten wählt man zwei Stellen wo das Papier dann idealerweise hell aufflackert. Die goldene Flamme sucht sich dann züngelnd die gut getrockneten Fichtenspäne als weitere Nahrung. Wenn dann noch die größeren Holzstücke buchstäblich Feuer fangen, ist der Einheizvorgang schon fast gewonnen. Doch noch gilt es, ideale Abzugsbedingungen zu erreichen. Ist es sehr kalt, will die kühle Luft in der Schornsteinröhre absolut nicht weichen und so quellen Rauchwolken zurück in den Heizraum und bringen die unglückliche Heizerin zu Tränen. Doch da kommt der Moment, in dem ich zur Wunderwaffe greife: Iggi. Ein längliches Gerät, das sich Grill- oder Kaminanzünder nennt. Lange wusste ich von der Existenz einer solchen Erfindung nichts. Mein Vater kam vor Jahren auf die Idee, dieses Hilfsmittel zu erwerben. Seither ist unser Leben eindeutig leichter geworden.

Oh Iggi, wie sehr hilfst du mir beim Anfeuern. Ich nehme dich in die Hand, richte dich auf die nun furchtsam kleinen Flämmchen im Heizkessel und betätige sanft deinen Einschaltknopf. Fauchend und zischend fährst du über die matten Feuerreste her, ziehst die kalte Luft aus dem Kaminrohr hoch hinauf über die Dächer. Du bringst die Flammen in feurige Ekstase. Sie umzingeln die Holzstücke, bekommen glühenden Appetit und auf einmal flackert und knistert es im Kessel. Danke Iggi, keiner heizt wie du.

© HelgaP 2021-12-15

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