Im Kopfkino bin ich ungeschlagener Meister. Da stehe ich längst auf noch größeren Bühnen, habe Bücher geschrieben, Unternehmen gegründet, Preise abgeräumt und ja, Sport mache ich dort auch, so wie ich sollte. Ich weiß nicht ob es das Schicksal des Visionärs ist, im Morgen zu leben, statt im Heute umzusetzen. Aber was ich weiß: Zwischen zwei Ohren haben große Veränderungen zwar stets begonnen, aber selten geendet. Die Devise lautet: Machen! Aber warum fällt es uns so schwer ins Tun zu kommen? Die Antwort ist so einfach wie erschütternd: Weil es meist einfacher ist, nichts zu tun. Weil entweder Schmerz oder Hoffnung nicht groß genug oder die Hürde, um loszulegen, nicht niedrig genug ist.
Schlimm daran ist nur, dass ich es eigentlich wissen sollte. Um Nichts anderes geht’s im Campaigning, das ich jahrelang als meine Leidenschaft perfektionierte. Wenn Menschen für eine Kampagne aktiv werden, also etwas beitragen sollen, funktioniert’s genau unter zwei Umständen: Man muss Erwartungen nach oben schrauben, während man die Hürden für Teilhabe nach unten drückt. Menschliches Verhalten unter der Lupe. So einfach geht’s – bei Anderen. Der geniale High-Performance Coach Manfred Winterheller nennt die beiden Ebenen „Mind Expander“ und „Flywheel“. Ein „Mind Expander“, mit dem man jenen Muskel trainiert, der es einem ermöglicht große Ziele zu haben. Und ein „Flywheel“ (Schwungrad, Anm.), mit dem man durch permanentes, kleines Anschieben zu unaufhaltsamer Schwungkraft gelangt. Sein Ansatz ist schlichtweg revolutionär: Kleinste Schritte bei großen Zielen stärken die Umsetzung.
Mein Traum ein eigenes Buch zu schreiben, in dem ich meine Erfahrungen teile, begleitet mich seit vielen vielen Jahren. Dabei ist die Tatsache, dass es dieses Buch noch nicht gibt, nicht etwa dem Umstand geschuldet, dass ich keine Lust am Schreiben hätte, oder keine Zeit, oder sonst irgendeiner Ausrede. Ein Fachbuch liegt seit eineinhalb Jahren fast fertig in meiner Schublade. Unveröffentlicht. Aus Angst, es wäre nicht perfekt. Die Hürde ein perfektes Gesamtkunstwerk zu schaffen war einfach zu hoch. Und dann kam da story.one, diese großartige Plattform für Kurzgeschichten. Und ich traute mich die erste zu veröffentlichen. Dann die zweite. Und die dritte. Plötzlich schrieb ich jeden Tag eine. Jede Geschichte dabei in sich geschlossen. Jede sofort nach dem Schreiben veröffentlicht – und nicht etwa aufgespart für eine neuerliche Korrekturschleife. Augen zu und durch. Und zusammen ergeben sie dann ein Buch. Perfekt? Vermutlich nicht. Umgesetzt? Aber sowas von! Das Manuskript für mein unfertiges Fachbuch habe ich nun übrigens auch an einen erfahrenen Verleger geschickt. Er wird mir sagen, was davon zu halten ist. Ob das Fundament stimmt oder nur die Abrissbirne hilft. Wie auch immer sein Urteil ausfällt: Der Umsetzung bin ich damit schon jetzt einen Schritt näher. Und beim Sport? Da stehe ich bei fünf Liegestütz am Tag. Immerhin 1.825 im Jahr.
© Philipp Maderthaner 2019-08-31