von Silvia Peiker
„Und der Haifisch, der hat Zähne, und die trägt er im Gesicht, und MacHeath der hat ein Messe, doch das Messer sieht man nicht.“
Während mich die Moritat von Mackie Messer in den Wiener Kammerspielen fesselt, wandern meine Gedanken zu Brecht, der das Schauspiel umgeschrieben und mit Kurt Weills musikalischem Geschick im Berlin der Avantgarde auf die Bühne gebracht hat.
Eigentlich entsprang die Idee zu The Beggars Opera, eine Oper für Bettler, Jonathan Swifts grauen Zellen. Als Text fürs Theater wurde es schließlich von John Gay in Worte gefasst, wobei die musikalische Untermalung Johann Christopher Pepusch beisteuerte. Erste Erfolge feierte die Mixtur aus Drama und Oper bereits 1728 im John Rich’s Theatre in London.
Nachdem die Generalprobe der Dreigroschenoper in ein regelrechtes Fiasko ausgeartet war, ist das Berliner Premierenpublikum im Theater am Schiffbauerdamm am 31. August 1928 anfänglich skeptisch, verfällt jedoch spätestens beim Kanonen-Song in Begeisterung, die bis heute ungebrochen ist. Denn Berlin erkennt die Zeichen der Zeit und nimmt den kreativen Kopf des Epischen Theaters, das sich durch kritisches Mitdenken und Verfremdungseffekte auszeichnet, bereitwillig auf. Brecht bezeichnet seine neue Wahlheimat als graue Stadt, als gute Stadt: „Ich trollle mich so durch. „
Doch Brechts Anteil am Erfolgsstück wird auch kritisch hinterfragt, denn schließlich hatte Elisabeth Hauptmann die Hauptarbeit geleistet, indem sie die englische Vorlage übersetzte und bearbeitete. Tatsache ist, dass der Autor eine große Zahl an Schriftstellerinnen beschäftigte, die ihm in Liebe zugetan waren, und deshalb eifrig ihre Feder für ihn schwangen. Da erhält die Essenz folgender Strophe eine andere Bedeutung:
“Denn die einen sind im Dunkel und die anderen sind im Licht. Und man sieht die im Lichte, die im Dunkeln sieht man nicht .“
1956 wird Berlin schließlich die letzte Station auf Brechts Lebensreise, die ihn aufgrund seiner kommunistischen Sympathien, Aberkennung der deutschen Staatsbürgerschaft und seiner Flucht vor dem drohenden Zweiten Weltkrieg in viele Länder der Erde führte.
In Wien beeindrucken Maria Bill und Herbert Föttinger als Gaunerpärchen Celia und Jonathan Peachum, die sozial Gestrauchelte zu vermeintlich verkrüppelten Bettlern degradieren und ihren Gewinn “aus Notwendigkeit” aus den Geldbörsen der Wohlhabenden ziehen. Als der verbrecherische Gegenspieler Mackie Messer deren Tochter Polly entführt und dann auch noch heiratet, versinken die Hierarchien der Londoner Unterwelt im Chaos. Mackie Messers akrobatische Einlagen am Galgen, virtuos gespielt von Claudius von Stolzmann, werden umrahmt vom ausdrucksstarken Sopran der Polly, alias Swintha Gersthofer. Ein tolles Orchester, das seinen fixen Platz auf der Bühne behauptet, und ein überzeugendes Ensemble machen die Vorpremiere zum auditiven und visuellen Vergnügen.
Herzlichen Dank an Z. J. van Rensburg Schömbs fürs Foto
© Silvia Peiker 2022-02-19