Macumba-Rituale

Ulrike Sammer

von Ulrike Sammer

Story

Während der Jahre, als ich in Brasilien lebte, wurde es mir ermöglicht, in den Genuss einer großen Ausnahme zu kommen. Ich durfte als weiße Ausländerin an Macumba-Zeremonien teilnehmen (was zumindest damals und an diesem Ort fast unmöglich war). Macumba ist eine afro-brasilianische Religion. Sie existiert oft neben einem volkstümlichen katholischen Glauben. So haben die Anhänger keine Probleme damit, am Sonntag in die katholische Messe zu gehen und an anderen Tagen weise Frauen oder Männer der Macumba-Religion um Rat zu fragen oder an ihren Kulthandlungen teilzunehmen. An den Versammlungsorten finden sich neben den zahlreichen Statuen spezieller Macumba-Heiliger durchaus auch Jesus und Maria. Selbst Ärzte gehen mitunter mit Patienten zu spiritistischen Heilungen oder schicken sie zumindest dorthin. Man glaubt in allen Schichten des Volkes sehr stark an die Wirkung der heiligen Handlungen, die dadurch auch nachweislich eintreten.

Im Macumba spielen Hexenglauben und Fetische eine große Rolle. In jedem größeren Ort gibt es eine Reihe von Geschäften, in denen man Artikel für Zeremonien und Beschwörungen kaufen kann. Neben allen Arten und Farben von Kerzen, Bändchen, Amuletten, Kärtchen mit speziellen Gebeten und verschiedenen Zaubertinkturen, gibt es unzählige Schutzobjekte in allen Formen und Arten. Auch ich wurde mit einer Liste von Kerzen, Seidenpapieren, Streichhölzern und anderen Hilfsmitteln in einen Laden geschickt und musste einiges kaufen, mit dem man mir bei der nächsten Zeremonie über den Kopf strich, etwas um den Hals hängte oder in die Hände legte.

Zu den Veranstaltungen finden sich viele Ratsuchende und Leidende ein. Nach langen Vorbereitungen mit Trommel- und Rassel-Musik, speziellen Tänzen und dem Genuss von bestimmten alkoholischen Getränken und von Zigarren, fallen Medien in Trance und beantworten dann mit „einer heiligen Stimme“ die an sie gerichteten Fragen. Ich habe aber auch Menschen gesehen, die sich in Trance am Boden krümmten, die erst von einem bösen Geist befreit werden mussten, bevor sie sich wieder erholen konnten. Eine mir gut bekannte Frau war sich sicher, dass sie diese Zeremonien immer wieder über sich ergehen lassen muss, da der unerlöste Geist eines verstorbenen Onkels in sie gefahren war um sie und ihre zahlreichen Kinder zu schädigen. Sie brauchte die Hilfe der Medien und fühlte sich nachher immer besser. Selbst ich, die damals noch eine ziemliche Trance-Anfängerin war, konnte mich unschwer den Schwingungen der Trance induzierenden Musik überlassen und mich angstlos in andere Bewusstseinsschichten tragen lassen. Macumbapriester beobachteten, wie leicht ich mich auf die Trance einstellen konnte und ich bekam das Angebot, von ihnen eingeführt und geschult zu werden.

Wer nach einer Zeremonie noch mit einer Art „Glücksbringer“, einer geweihten Blume oder dergleichen nach Hause geht, fühlt sich ohne Zweifel bereichert

© Ulrike Sammer 2020-07-08

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