von Sabine Benedukt
Wenn ich morgens durch den Garten gehe ist es nun immer besonders frisch, weil fast jede Nacht Regen fällt. „A Wochs-Weda“ hat das meine Schwiegermutter genannt. Es stimmt, alles gedeiht nun prächtig. Die Natur serviert den Insekten und Vögeln zum Frühstück Frauenmanteltee: In den Blättern, die wie grüne Untertassen mit verschnörkeltem Rand aussehen, stehen tausende Regentropfen für sie bereit.
Bisher habe ich nur wenige Schnecken gesehen. Vermutlich sind sie in den warmen Frühlingstagen zu früh hervorgekommen und wurden vom zurückkehrenden Winter überrascht. Angeknabberte Erdbeeren gibt es bisher nicht. Ich hatte ja immer die Amseln in Verdacht, aber sie verschonen unsere wunderschönen roten Früchte. Wir können sie also selbst naschen. Paradiesisch ist das, wenn es im Beet immer wieder rot leuchtet, ein besonderer Genuss. Schließlich gibt es sie immer nur eine kurze Zeit, deshalb legen sie wohl ihre ganze Kraft in ihren Geschmack.
Der Holunder blüht seit ein paar Tagen zum zweiten Mal! Vor etwa vier Wochen gab es schon die ersten Blüten, viel zu früh, wie vieles dieses Jahr. Aber er roch eigenartig. Trotzdem habe ich davon Sirup eingekocht. Und was soll ich sagen, der komische Geruch hat sich auch in den Geschmack eingeschlichen. Aber nun zeigt sich der Holunder in voller Pracht. Wunderschön sind sie, diese großen Dolden und ihr Duft ist betörend. Dieses Aroma wollte ich einfangen, also habe ich noch einmal Sirup gemacht. Jetzt schmeckt er herrlich.
Ist es nicht jedes Jahr wieder wundervoll, was da alles wächst, und wie es duftet? Ich kann mich gar nicht sattsehen an den alten Rosen in den verschiedenen Rottönen. Zwei Neue in einer Mischung aus orange, rosa und weiß lassen wir seit einem Jahr an unserer Hüttenwand hochklettern. Ich muss sie immer wieder vorsichtig in die Hand nehmen, die samtigen Blütenblätter streicheln und daran riechen. Sie sehen so zauberhaft aus.
Und was sich nun an den Stangen hinauf schlängelt, das sind die Fisolen. Ich habe sie in kleinen Töpfen vorgezogen, weil ich sie vor den Schnecken schützen wollte. Nun musste ich nur noch den Wind abwarten, der schon wieder so stürmisch geblasen hat. Das hält ja die stärkste Stangenbohne nicht aus. Schließlich möchten die Pflanzen ja hoch hinaus und nicht gleich vom Winde verweht werden.
Immer noch warte ich gespannt auf die Karotten, Zwiebel und den Lauch, den ich gesät habe. Ganz habe ich die Hoffnung noch nicht aufgegeben. Jeden Tag frage ich mich, ob das Unkraut ist, das da ganz klein aus dem Boden kommt, oder sieht so der Lauch aus, wenn er aus der Erde sprießt? Schwierig ist das. Aber bei den Tomaten und Gurken hat sich das Warten gelohnt: Nicht nur die Gurke, sondern auch die Tomate Tigerella ist endlich erwacht. Der Tiger in ihr war wohl sehr scheu, aber jetzt ist sie da. Es sollen gestreifte Früchte werden, deshalb der Name. Sicherheitshalber habe ich aber auch ein paar andere Tomatenpflanzen gekauft, man kann ja nie wissen.
Der Garten braucht eben nicht nur unsere Zuwendung und Bewunderung, sondern auch ein bisschen Hoffnung und Optimismus, dann wird alles gut werden.
© Sabine Benedukt 2024-05-23