von Daniela Adler
Exakt 5.45. Die Tür vom angrenzenden Kinderzimmer öffnet sich. Ich döse noch im Bett u höre, dass mein Kind schon wach ist. Ungewöhnlich, denn normalerweise klingelt der Wecker mind. 3x bis er aufsteht. „Mama?“, höre ich seine fragende Stimme. Diese Stimmlage kenne ich, er muss nicht weiterreden. Ich ahne was jetzt kommt „Mama?“ „Ja, Lukas?! Guten Morgen.“ „Ich fühl mich nicht gut.“ Bähm. Ich bin wach. Gut. Schultag 7 u das Kind ist bereits krank.
„Was ist los?“ Ich habe Gliederschmerzen u mein Kopf tut weh, antwortet er abwesend. Kannst du in die Schule?, meine rhetorische Frage. „Rufst du in der Schule an?“, fragt er mich. Natürlich werde ich das machen. Meine Gedanken drehen sich. Morgens ist alles gut getaktet. Es gibt Frühstück u um spätestens 6.40 ist er außer Haus. Dann verläuft d Tag in seinen Bahnen. Doch bei einem kranken Kind ist das alles anders. Wie mache ich das heute? Mein 1. Termin ist um 8. Ein wichtiger, den ich nicht so kurzfristig verschieben kann.
Um klare Gedanken zu bekommen mach ich mir Kaffee. Ich werde ins Büro fahren u zum Meeting gehen. Hoffen, dass er nicht allzu krank ist, um ein paar Stunden allein zu sein. Dann mit ihm zum Arzt u anschließend Home Office. Das müsste klappen.
Wieder einmal bin ich froh, dass mein Kind aus dem Gröbsten „heraußen“ ist. Ich erinnere mich an mein schlechtes Gewissen, wenn ich im Büro war u das kranke Kind zu Hause. Natürlich, gut betreut vom Vater od einem d Großeltern, doch der Zwiespalt blieb. Hätte ich doch lieber bei ihm bleiben sollen? Hin u her gerissen. Ich konnte mir ja nicht immer frei nehmen, dafür gab‘s unterm Jahr zu viele kranke Tage. Spätestens wenn d Frage kam „Mama, wann kommst du heim?“ wurde ich meist ziemlich unrund. Diese Frage geht durch u durch. Die Frage mag ich heute noch immer nicht. Oft wird sie mir ganz lapidar gestellt. Klar möchte er wissen, wann ich zu Hause bin. Das verstehe ich. Doch sie weckt Erinnerungen.
Vielleicht deshalb … weil ich nie d Mutter war, bei der pünktlich um 12 die Suppe auf d Tisch stand, weil ich nie darauf warte, bis das Kind nach Hause kam.
Aber wer gibt vor das es so sein muss?
Mich nur in d Mutterrolle zu sehen, war mir definitiv viel zu wenig. Ich hatte abseits d Familie immer mein eigenständiges Leben, war immer voll berufstätig, hab ein 2. Studium abgeschlossen, als er im Kindergartenalter war. Mir war klar, dass mein Kind eine Mama braucht, die glücklich ist, der es gut geht. Mir war bewusst, es geht um gemeinsame Qualitätszeit u nicht darum, dass ich rund um die Uhr verfügbar bin. Ich wusste, ich habe ein tolles Netzwerk an Unterstützer*innen, wo ich mein Kind in guter Betreuung wusste.
Und trotzdem, ich gebe es zu, manchmal nagte d schlechte Gewissen, dass ich nicht immer sofort greifbar war. Tja, das wurde mir heute wieder bewusst, als ich nach dem Termin zu Mittag heim fuhr. Er schlief noch.
Ich hab dann schnell eine Kleinigkeit gekocht u den Bericht weiter geschrieben. Plötzlich stand er hinter mir, umarmte mich u sagte, ah Mama, du bist schon da? ❤️
© Daniela Adler 2020-09-16