von Rebecca Rainbow
Emotional instabile Persönlichkeitsstörung – Borderline Typ.
Das klingt erstmal sehr dramatisch und viel. Aber wenn ich ehrlich bin, hat es neben den extremen Höhen und Tiefen auch was Magisches. Klar, die Downphasen sind teilweise unerträglich, ich habe tagelang, manchmal sogar über Wochen hinweg Suizidgedanken und möchte einfach nur weg. Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass es allen besser ginge, wenn ich nicht mehr hier wäre. Das mich niemand vermissen würde. Und abgesehen davon ist es auch ziemlich anstrengend, ständig so traurig zu sein. Es frisst meine komplette Energie und ich komme den ganzen Tag zu nichts. Und wenn ich dann noch in einen Konflikt gerate helfen auch die hart erlernten Achtsamkeitsübungen und Ablenkungsstrategien nicht weiter. Denn, wenn ich meine Traurigkeit mit einer Emotion gut kompensieren kann dann ist es Wut. Mit Wut fühle ich mich wieder kraftvoll und stark. Wenn ich wütend bin, fühle ich plötzlich wieder meinen Körper und mich überkommt eine Flut an Energie, die ich so schnell wie möglich verblasen möchte. Das kann ganz schön heftig sein – vor allem für die andere Person die das ganze dann abbekommt. Meistens sind das die Menschen, die mir nah stehen. Meine Schwester oder mein Ex-Partner waren in der Vergangenheit meine Zielscheibe, obwohl ich beide über alles liebe. Auch meine Eltern oder Arbeitskolleg_innen haben mich schon so erlebt und dadurch eine Mischung aus Angst und Respekt entwickelt, worauf ich nicht stolz bin, sondern nur noch mehr gekränkt. Denn eigentlich will ich so gar nicht sein. Weder wütend noch traurig. Und für diejeigen die es nicht wissen: die Trauer ist meistens die Wurzel des Problems, die sich mit der Wut lediglich tarnt. Deshalb bringt es absolut gar nichts mich zu verurteilen und auszugrenzen. Im Gegenteil: Das macht das Ganze nur noch schlimmer und der Teufelskreis wird zu einer Abwärtsspirale, aus dem es kein Entkommen geschweige denn eine Hilfestellung gibt. Schließlich bin ich ein Arschloch und selbst schuld. Und das schreibe ich nicht aus einem trotzigen Beleidigtsein, sondern aus einer klaren Reflexion, was das Ganze nicht gerade einfacher macht.
Ich habe mich noch nicht so richtig mit dem Krankheitsbild identifiziert, schließlich ist diese Diagnose ein Branding fürs Leben. Eine Heilung gibt es nicht. Einmal Borderlinerin, immer Borderlinerin. Und das ist mir irgendwie dann doch zu heftig. Das Dilemma: Ich steh’ mir selbst und allen anderen damit im Weg und verletzte nicht nur die, die ich am meisten liebe, sondern auch mich selbst. Ich mache somit nicht nur die anderen, sondern vor allem mich selbst zum Opfer und bin zeitgleich auch noch Täter, echt verrückt.
Interessante Begleiterscheinungen sind ironischerweise oft ein sehr ausgeprägtes Empathievermögen sowie eine gute Menschenkenntnis, die mir schon in vielen Momenten sehr hilfreich, fast schon wegweisend war. Ich bin schon um die halbe Welt gereist, hab im australischen Outback Sternschnuppen gezählt, im Amazonas an schamanischen Ritualen teilgenommen und war im Ganges tauchen. Fortsetzung folgt..
© Rebecca Rainbow 2023-08-06