von Rebecca Rainbow
Natürlich hab ich auch gute Tage. Gute Wochen eher weniger. Die Balance zeichnet sich in meinem Leben nämlich darin aus, das es sie nicht gibt. Es ist ein ewiges Wechselspiel aus „Ich bin die verfickte Queen“ und „Ich hasse mich so sehr, dass ich mir den Schädel einschlagen will“. Dazwischen ist nicht viel Spielraum. Trigger können unberechenbar und von überall eintreten, ich bin ihnen quasi ausgeliefert. Ich verlange von niemanden, dass er oder sie mich versteht. Ich wünsche es mir natürlich trotzdem insgeheim, aber ich weiß inzwischen, dass mich niemand nachvollziehen kann, zumindest nicht so wie ich es vielleicht bräuchte. Denn so, wie ich fühle, fühlt niemand. So wie ich liebe, liebt niemand. Und so wie ich hasse und verachte, wünsche ich es niemanden und hoffe stark, dass es niemand sonst kann. Denn diese Emotionen sind nicht nur destruktiv, sondern teilweise unerträglich. Ich schaffe es mitunter nicht-einmal Menschen in die Augen zu gucken und ein normales Gespräch zu führen. Meine Energie ist so stark, dass sie wie ein unsichtbarer Angriff auf mein Gegenüber einprügelt, das ist keine dicke Luft mehr, sondern ein Blitz, der soeben eingeschlagen ist. An dieser Stelle möchte ich mich von Herzen bei allen entschuldigen, die genau diese Szenarien schon mit mir erleben mussten oder es noch vor sich haben.
Meine größte Angst beim Schreiben dieser Zeilen ist: Was, wen die Leser_innen dieses Textes plötzlich Verständnis für meine suizidalen Tendenzen haben? Schließlich lege ich hier einen emotionalen Strip hin und gestehe, dass ich nicht gerade ein Mensch bin, den man viel um sich haben sollte. Klar, ich bin auch witzig und kreativ. Mit mir kann man über alles reden, jeden Scheiß machen und ich habe eine sehr ehrliche und wertschätzende Ader. Aber nicht, wenn ich will, sondern, nur wenn ich eben gerade auch kann. Schließlich mach’ ich das ja nicht mit Absicht und entscheide mich bewusst dafür, so auf die Art „jetzt isses wieder Zeit für mehr Arschigkeit – Bühne frei!“ Ne, so läuft das nicht.
Es ist eher wie ein Schatten, der mich ständig begleitet. Und wenn jemand oder ich selbst aus Versehen den Lichtschalter ausknipst, ist halt alles dunkel und der Schatten breitet sich überall aus. Dann sehe ich weder das Licht noch den Schalter und es dauert, bis ich ihn wiederfinde. Aber eins ist klar, der Schalter ist da irgendwo. Und wen ich ihn wieder gefunden habe und das Licht angeht, tja, dann sehe ich das Chaos, das ich in dieser Zeit angerichtet habe. Vieles ist irreparabel und das bereue ich zutiefst. Das Einzige, was mir übrig bleibt, ist darauf zu hoffen, dass das Licht nun wieder für ne Weile an bleibt und ich mich, wenn möglich in einer Umgebung befinde, wo nicht erneut so viel kaputt gehen kann. Das bedeutet im Klartext: Soziale Isolation. Damit niemand mehr verletzt wird und unter meinen Aussetzern leiden muss. Ich bin ehrlich, es ist kacke und ich fühle mich oft einsam, aber zeitgleich habe ich auch Angst, wieder jemanden nah an mich heranzulassen. Wie das ausgeht weiß ich schon. Und am Ende heult nicht nur einer, sondern alle.
Vielleicht hol’ ich mir irgendwann ne Katze oder auch zwei. Die sollen ja bekanntlich auch Arschlöcher sein, die trotzdem ab und zu gern ma kuscheln. Das klingt irgendwie genau nach mir und könnte passen. Fortsetzung folgt..
© Rebecca Rainbow 2023-08-06