von Steffi Schwarz
Eigentlich wären wir heute früh auf Urlaub geflogen. Und meine Güte, was war ich bereit! Rasierte Haxn. Fast schon kitschig gefeilte Zehennägel. Zwei bummvoll mit Sommerzeug gepackte Koffer im Vorhaus.
Und dann: Die Info, dass man nicht mehr wegfliegen darf. Die Leute sollen coronabedingt lieber heim-, als fröhlich in der Gegend rumreisen. Ja eh. Aber: OIDA?!
Nun gut.
Wir haben also nix zum Essen daheim und fahren zu Spar, um FrĂĽhstĂĽck und was fĂĽrs Wochenende zu besorgen. Wie durch ein Wunder finden wir eine freie ParklĂĽcke, weil zigtausend Menschen Nudeln und Klopapier kaufen, als wĂĽrden sie das abwechselnd und binnen weniger Stunden essen und wieder kacken mĂĽssen.
Ich versuche nicht zu sehr zu urteilen. Fake-News machen Menschen (und ja sicher, auch mir) Angst – und dass man nicht jeden Tag aus dem Haus gehen mag, verstehe ich.
Wir kaufen also, was die Hamsterer uns ĂĽbrig lassen. Rotes Schwammerlpesto. Haltbares Vollkornbrot. Ingwerstreichkäse… Wir lassen quasi alles ĂĽber uns ergehen. Als ich mir ein Glas Milch aus dem TiefkĂĽhlfach nehmen will, ĂĽberkommt mich dann aber doch das Unverständnis wie eine schäumend-rauschende Welle.
Ein junger Mann fährt mit einem randvoll gefĂĽllten Wagerl Eier an mir vorbei. Es mĂĽssen mehr als sechzig gestapelte Packungen sein!!! Ich kann nicht fassen, was ich sehe und schaffe es einfach nicht noch länger, all die EindrĂĽcke fĂĽr mich zu behalten. „Kannst du mir bitte sagen, was mit dir los ist?“ frage ich also mit zusammengekniffenen Augenbrauen und unter metronomischem KopfschĂĽtteln. „Viele andere Menschen – jetzt und später – brauchen vielleicht auch noch Eier?! Diese Ignoranz ist unmöglich. In solchen Zeiten wie gerade muss man doch sensibel sein und aufeinander acht geben!“ Ich bin noch nicht fertig und hole Luft. „Wann haben wir eigentlich angefangen, nur noch an uns selbst zu denken? Corona ist super! Wir alle werden sehen, dass vieles nicht wichtig ist, dass wir alle gleich sind und einander verdammt noch mal brauchen. Auch du mein Freund!%!“ Meine Schläfen pochen, meine Unterlippe vibriert und ich spĂĽre wie ein Tropferl Speichel darauf zittert. Ich bin auf tausend und der (mittlerweile etwas verängstigte) JĂĽngling erstarrt.
Dann zeigt er ganz vorsichtig mit dem Finger auf das Logo seiner schwarzen Jacke. *SPAR* „Ähm… Ich fĂĽlle hier nur die Regale nach“, sagt er langsam und ruhig, ohne den Blick von mir abzuwenden. Ich brauche ein paar Sekunden. Und schäme mich dann bis aufs Bein. „Okay, danke“, sage ich schlieĂźlich zu dem entspannten Helden. Er lächelt vergebend. „Na echt. Danke fĂĽr deine Eier!“
© Steffi Schwarz 2020-03-13