Männersache?

Kesharinii

von Kesharinii

Story

Zum Jahreswechsel verbrachte ich einige Tage mit Lucky Wolf und dem schnellen Roberto auf Lucky Wolf’s Hacienda. Das Anwesen lag auf einem sanften Abhang, der nach Südwesten offen war und einen freien Blick auf San José und das Valle Central bot. An der oberen Grenze des Grundstücks stand das hübsche, bunt bemalte Holzhaus inmitten üppiger Vegetation. Auf den umliegenden Wiesen grasten Kühe unter Palmen und Mangobäumen.

Wir drei formten für einige Tage eine kleine Gemeinschaft, die sich den Alltag teilte. Während Lucky Wolf tagsüber am Laptop seiner Arbeit nachging, klebte der schnelle Roberto in Küche und Bad ein funky Mosaik aus buntem Fliesenbruch. Ich vertrieb mir die Zeit mit Malen und streifte durch die Gegend, um diese zu erkunden.

Jeden Abend, wenn der glühende Himmel über den grün bepelzten Bergen im Westen die nahende Dämmerung ankündigte, wurde gegrillt. Am Vorplatz des Hauses gab es eine provisorische Feuerstelle aus einigen gestapelten Ziegelsteinen und einem Metallrost von einem ausrangierten Kühlschrank. Die Steaks wurden bereits am Vormittag mariniert. Die Herren der Schöpfung kümmerten sich um das Feuer, während sie mich baten, den Salat zuzubereiten und die Kartoffel in Silberfolie zu wickeln. Das Entfachen des Feuers zelebrierten sie mit voller Hingabe als handelte es sich um ein wichtiges Ritual.

Ich hatte sofort den leisen Verdacht, dass ich aufgrund meines Geschlechts in die Küche zitiert wurde und sie das Feuermachen den rein männlichen Tätigkeiten zuordneten. Mir war das Betreiben eines Lagerfeuers jedoch nichts Fremdes, da ich in meinen jungen Jahren, monatelang im Süden umhervagabundierend, die Mahlzeiten immer auf offenem Feuer zubereitete. Holz sammeln und rußige Töpfe am Strand im Sand schrubben gehörten für mich zu den alltäglichen Tätigkeiten.

So bestand ich eines Abends darauf, dass nun sie beide mit der Salatzubereitung dran wären und ich das Feuer machen würde. Lucky Wolf warf mir einen skeptischen Blick zu, und dem schnellen Roberto entschlüpfte ein mitleidiger Seufzer. Ersterer, sich dann doch an moderne Errungenschaften wie Emanzipation und Gleichstellung erinnernd, begab sich in die Küche, und ich hörte ihn mit den Schüsseln klappern. Zweiterer folgte mir zur Feuerstelle, wo er mit gerunzelter Stirn jedem meiner Handgriffe folgte. Das Zusammenknüllen der alten Zeitung, das Schlichten dünner trockener Zweige, danach das Platzieren der ersten Scheite, alles wurde genauestens beobachtet.

Ich riss ein Zündholz an und hielt es unter den Haufen. Die kleine Flamme fraß sich ins Papier, gewann alsbald an Kraft und züngelte unter leisem Knistern höher. Binnen Kürze loderte ein recht anständiges Feuer.

Später legten wir die Steaks auf den Rost, die Kartoffel in die Glut und genossen alsbald unser Abendmahl bei einem kühlen Bier. Der schnelle Roberto klopfte mir anerkennend auf die Schulter. „Bist ein richtiger Kumpel,” murmelte er zwischen zwei saftigen Bissen.

© Kesharinii 2021-04-12