Marie – Die Schriftstellerin

Franz Kellner

von Franz Kellner

Story

Heute ist der 9. Juni 2025. Ein ganz besonderer Tag. Warum? Das erfährt ihr leider erst viel später. Heute Nacht hatte ich Gedanken, welche mir ins Ohr flüsterten, dass sie auch unbedingt in ein Buch hineinkommen wollen. Haha, wenn das alles so einfach wäre.

Zuerst bitte ich euch liebe Leser, dass ihr mir zuliebe etwas tun sollt. Danke. Macht einmal eure Augen zu. Jetzt werdet ihr sagen, was soll denn das? Hier folgt die Erklärung. Stellt Euch ganz einfach einmal mich ,,die Marie“ wie sie Euch gegenüber sitzt und mit dem Adler-System ihre Memoiren in den Laptop hinein tippt. Wahrscheinlich stellt sich jetzt so mancher ein altes, verrunzeltes Weibchen vor, wo der Zeigefinger in der Luft hängt und wenn er den richtigen Buchstaben gefunden hat, dann hinabstürzt, um diese Story zu schreiben. Zum Glück ist es nicht mehr ganz so, weil ich jetzt wenigstens schon ziemlich genau weiß, wo ich den passenden Buchstaben finde. Aber alles, was ich bisher schrieb, das tippte ich nur mit dem Zeigefinger.
Seit ich in die Schule ging, bemühte ich mich immer, etwas dazuzulernen. Was leider nicht immer so ganz einfach war. Als ich mit vierzehn Jahren nach Wien kam, erlaubte ich mir einmal zu sagen, dass ich etwas leider nicht kann. Worauf mich das Fräulein Zerawa aufklärte und zu mir sagte, dass sie den Satz „Das kann ich nicht“ nicht hören will, weil das höchstens bedeutet „Das will ich nicht“. Aber das wollte sie von mir nie mehr hören.

Da fiel mir mein lieber Lehrer Hermann Fischer aus dem Waldviertel ein. Ich habe ihn, nachdem ich bereits in Wien war, immer noch besucht, wenn ich ins Waldviertel gefahren bin. Weil er sagte bereits in der Hauptschule zu mir, dass ich ein gescheites und wissbegieriges junges Mädchen war, das leider nicht genug Geld hatte, um weiterzulernen oder gar studieren zu können.

Deswegen war ich immer sehr glücklich und sehr froh, wenn mir jemand etwas Neues zeigte. Man weiß ja nie im Voraus, ob man das irgendwann einmal brauchen kann. Mein erster Mann war eigentlich ein Genie. Er sagte immer nur zu mir, dass er mir alles, was wichtig ist, zeigt. Nachher habe ich es immer schön brav gemacht.

Ich kaufte mir, als ich ungefähr fünfundzwanzig Jahre alt war, eine alte Schreibmaschine. Aber leider fand ich nie jemanden, welcher mir das Zehnfingersystem beigebracht hätte. Später setzte sich mein kleiner Sittich Burli, der nicht fliegen konnte, immer auf die Tasten und klopfte fest darauf. Das ist der Grund warum ich heute mit über 82 Jahren noch immer mit dem Adlersystem schreibe. Haha.

Es gab sogar eine längere Zeit, wo ich mit meinem Mittelfinger schreiben musste, weil ich mir den Zeigefinger beim Gurken hobeln verletzt hatte. Das tat mir einige Wochen richtig fest weh. Aber ein richtiger Indianer kennt ja bekanntlich keinen Schmerz. Nun wende ich mich wieder zurück zu weiteren Geschichten im vierten Buch. Aber diese Geschichte musste eben hinein. Ich hoffe, dass ihr mir das nicht allzu übel nehmt.

Foto: Schreibmaschine von Unplash

© Franz Kellner 2025-06-30

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