von Franz Kellner
Als Angelika wieder nach Hause kam, war sie am Po ganz rot und wund und ich musste ihr wieder monatelang eine Windelhose anziehen. Am Knöchel beim Fuß war sie ganz aufgescheuert, weil sie das arme Kind da angebunden hatten, weil sie immer in der Nacht aufstand und übers Gitterbett kletterte, weil sie nach Hause zu ihrer Mami wollte. Auf alle Fälle war es sowohl für sie, als auch für mich, eine ganz fürchterliche Zeit.
Wie ich sie dann nach Hause holen durfte, schaute sie mich tagelang nicht an, weil sie wahrscheinlich der Meinung war, dass ich sie nicht mehr wollte. Es dauerte einige Tage, bis ich sie wieder so weit hatte, dass ich sie wieder aufheben durfte. Sie ging aber trotzdem brav in den Kindergarten. Als ich sie einmal abholte, fiel mir in einem Fenster eine Annonce auf, dass sie eine Packerin suchten. Da fragte ich, ob ich da anfangen könnte.
Sie nahmen mich sofort mit offenen Armen auf, um mich anzulernen. Das war die Firma Seemann, ein Großhandel, welcher Büromaterial und Schulmaterial versandte. Dass Material musste ich zuerst zusammenstellen und danach in eine Schachtel verpacken, welche wir am Abend zur Post führten, um es an die Kunden zu verschicken. Also ich brachte zuerst meine Tochter in den Kindergarten und von acht bis sechzehn Uhr arbeitete ich. Es war ziemlich anstrengend, weil ich ja den ganzen Tag auf den Beinen war. Aber ich war sehr froh, dass ich in der Nähe meiner Wohnung eine Arbeit bekam. Ich arbeitete dort, bis meine Tochter in die Schule kam.
Jetzt habe ich etwas Wichtiges ausgelassen. Wir wohnten in der Löwengasse 2B im Parterre. Visavis wohnte eine junge Frau in der Hausbesorger Wohnung. Nur ging sie arbeiten und reinigte das Haus nie wirklich, sodass immer alles sehr schmutzig war. Da kam oft der Hausverwalter zu mir, um zu fragen, ob alles in Ordnung sei. Weil sich die Parteien öfters bei ihm beschwerten, da nie jemand anzutreffen war, weil sie ja arbeiten ging. Wie mein Kind dann ein Jahr alt war und mein Karenzjahr zu Ende war, sagte ich unserem Hausverwalter, der Brandstetter hieß, dass ich eine Zeit lang den Hausbesorger Posten übernehmen würde, damit ich wieder angemeldet wäre, um eine Krankenversicherung zu haben. Ich sehe ihn noch heute vor mir, wie er mich mit beiden Händen nahm und hielt und sagte: Wenn sie das übernehmen würden, dann wüsste ich das Haus in guten Händen, weil sie ja in erster Linie selbst eine Partei sind und darauf schauen würden, dass alles in Ordnung ist.“
Während dieser Zeit starb mein Vater am 15. April 1969 in Waidhofen, im Spital, an einem Schlaganfall. Meine Schwiegermutter blieb bei meiner kleinen Tochter und passte auf sie auf, damit ich sie nicht zum Begräbnis mitnehmen musste. Für meinen Vater war der Tod eine große Erlösung. Weil er wegen seiner Nierenquetschung, die ganzen Jahre Unmengen an Nierensteine hatte und schrecklich viel litt.
© Franz Kellner 2025-05-08