Matou, Murr und Max – die vielen Leben einer Katze

Wolfgang Ferdinand Vogel

von Wolfgang Ferdinand Vogel

Story

Als mich der erste Lockdown unversehens ins Homeoffice warf, deutete ich Signale von Hauskater Max völlig falsch (in meinem Buch „Nach Corona um Drei“ berichtete ich darĂĽber). Ich glaubte, er sehe sich durch mein Auftauchen in seinen Möglichkeiten eingeengt. Immerhin betreibt er das Homeoffice ja schon seit einigen Jahren.

Es bedurfte der 960 Seiten des neuen Romans von Michael Köhlmeier, die mir die wesentliche Rolle der Katzen in der Geschichte klarmachten: Matou, ein sehr eleganter französischer Kater – Max betont seine Ă„hnlichkeit mit ihm – begleitete die Französische Revolution in allen ihren Stadien, er war mit den wesentlichen Persönlichkeiten bekannt er verfolgte ihre, oft traurigen, Lebenswege. Er hatte Schreiben gelernt, um seine literaturhistorische Stellung klar zu machen: „Ich bin der Homer der Katzen“, vertraute er seiner Umgebung an und umriss die wesentliche Funktion der Katzen mit einem Zitat des Schriftstellers Victor Hugo: „Gott hat die Katzen erschaffen, damit wir Menschen auch einmal einen Tiger streicheln können.“ Seither weiĂź ich warum Max die Bezeichnung Zimmertiger so treffend findet.

Kater Murr machte damals schon auf die Probleme des Homeoffice aufmerksam: Er teilte sich den Schreibtisch mit E.T.A. Hoffmann und da er ziemlich ungeschickt war, kamen seine Aufzeichnungen durcheinander. Es mag für ihn eine Genugtuung sein, dass Köhlmeier die klare Linie der Lebensansichten des Kater Murr rekonstruieren konnte und so die tiefe philosophische Grundhaltung verewigt hat.

Bislang dachte ich unser Kater Max wolle nur seine territorialen Ansprüche sichern, wenn er mein Homeoffice besuchte. Jetzt wurde ich aber eines Besseren belehrt: „Und?“, meinte Max und deutete auf das Köhlmeier Buch. Ich wich aus: „Du willst werden wie Matou, Murr und eben Max.“ Trotz seiner Kleinheit sah er mich von oben herab an: „Werde Du erst einmal ein Victor Hugo, ein E,T.A. Hoffmann, ein Michael Köhlmeier. Oder ein Felix Mitterer der ja auch schöne Katzengeschichten geschrieben hat. Oder kennst Du sonst jemanden der auf die Suche nach den Hohen C gegangen wäre? Ich sehe Du musst noch eine Menge lernen…“

So schnell wollte ich mich nicht geschlagen geben: „Glaubst Du, dass alle diese Autoren mit der 2.500 Anschläge Regel von Story-one zurechtgekommen wären?“ Max antwortete souverän: „Wer was zu sagen hat den bremst keine solche Regel…“

Mit einiger Genugtuung stellte ich fest, dass er alle Anstrengungen unternimmt bei der IT an den Stand der Zeit anzuschließen. An diesem möglicherwiese letzten schönen Sommertag des Jahres drückte er seine Freude aus, dass dieser Text auf der Terrasse entstanden ist. Langfristig gesehen, so kann ich seinem Verhalten entnehmen, wird er wohl selbständig Texte verfassen und damit an die Tradition von Matou und Murr anschließen.

Ich freue mich jedenfalls schon darauf Geschichten in seinem eigenen Story-one Account lesen zu können.

Photo by Ludemeula Fernandes on Unsplash

© Wolfgang Ferdinand Vogel 2021-08-23

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