MATRIARCHAT

Roswitha Springschitz

von Roswitha Springschitz

Story


„Was du dir immer alles ausdenkst!“, meinte Marie zu Sebastian. „Das hab ich mir nicht ausgedacht, ich hab darüber gelesen. In dem Buch, das ich dir vor ich weiß nicht wie viel Jahren geschenkt hab‘. Das Buch über das Matriarchat, mein ich…Also…“- „Dieses uralte Buch, aus den 80er Jahren meinst du? Was soll da schon drinstehen, das ist ja völlig veraltet. Du schenkst mir immer irgendwelche Bücher, die mich gar nicht interessieren. Ich meine, es ist eh nett von dir, dass du an mich denkst und mir etwas mitbringst. Was bezweckst du damit eigentlich?“ Marie ist wieder einmal nicht so gut gelaunt; oder, besser gesagt, einfach unentspannt. Sie ist überlastet, in ihrem Job, weiß Sebastian. Er hatte sie nur ablenken wollen; unterhalten; auf andere Gedanken bringen, indem er das Emblem mit der Drachin, das das Cover eben jenes Buches zierte, angesprochen hatte. „Die archaische Drachin ist das Sinnbild für das archaische Matriarchat; ein Mensch wird aus der Drachin geboren, das betrifft das Gegenwärtige und wir können durch unser Bewusstsein die wieder gebärende Drachin erschaffen: Das ist doch genial!“


„Eine Drachin, was soll denn das überhaupt? Ich hab‘ die Nase eh schon so voll von diesen saublöden Genderdebatten. Ich hab das längst aufgegeben, mit dem Gendern; ist ja in unseren Landen sowieso verboten. Was willst du mir mit dieser Drachengestalt sagen? Soll das eine Schwiegermutterdarstellung sein, haha?!“ Nein, Marie war ganz und gar nicht heiter gestimmt, an diesem Tag.


„Der Schwiegermutterdrachen ist eine Erfindung des Patriarchats.“, meinte Sebastian, während er das Buch wieder zurück ins Regal stellte.


„Was meinst du, gehen wir eine Runde spazieren? Richtung Sonnenuntergang?“


© Roswitha Springschitz 2024-06-15

Genres
Romane & Erzählungen
Stimmung
Herausfordernd, Emotional, Komisch, Informativ, Inspirierend
Hashtags