#matsch

Eva D

von Eva D

Story

„Kommst du mit aufs Frequency?“, fragt mich eine Freundin. Ich sage sofort zu, obwohl mir klar ist, dass ich den Altersschnitt dort um einiges heben werde. Schließlich bin ich nicht mehr siebzehn, sondern Mutter von zwei Kindern, die aber am Festival-Wochenende nicht zu Hause sein werden.

Mit zwei Bekannten machen wir uns auf den Weg nach Salzburg und stellen Zelte und einen Pavillon auf. Das Wetter ist traumhaft, die Sonne brennt sogar eine Spur zu viel auf der Haut. Eingecremt chillen wir auf den Campingsesseln im Schatten.

Die ersten Konzerte starten bald, ebenso unser Alkoholkonsum, und wir haben unseren Spaß. Ich lerne schnell, dass man in die Sanitäranlagen besser nicht reinschaut und bekomme jede Menge Oberschenkelmuskeln beim Luftsessel-Machen am stillen Plastikörtchen.

Der nächste Tag ist auch noch fein, der beginnende Regen stört uns nicht, da wir jede Menge Spaß, Getränke und Besuch im Pavillon haben. Zu den Konzerten trage ich einen stylischen schwarzen Müllsack, den ich mit Kopf- und Ärmelausgang versehen habe, und durch das Singen und Tanzen vergessen wir den Regen.

Doch dann kommt der nächste Morgen. Ich wache in einem See auf. Ein Witzbold hat in der Nacht unser Zelt aufgeschlitzt und das Wasser steht zentimeterhoch. Draußen schüttet es in Strömen und der Boden ist nicht nur etwas matschig, nein, ich versinke tief bei jedem Schritt. Gummistiefel habe ich natürlich keine dabei, die Stoffschuhe sind ungeeignet und so versuche ich mich in Badeschlapfen durch den Schlamm zu kämpfen. Ab und zu bleibe ich stecken, was all die Regenwürmer vermutlich amüsiert, die ich zu Gesicht bekomme.

Die Stimmung ist also nicht die beste, auch zwischen uns, weil wir verkatert und übermüdet sind. Einen ganzen Tag sowie eine weitere Nacht so zu verbringen, das kann sich keiner von uns vorstellen.

Also beschließen wir, uns auf die verfrühte Heimreise zu begeben und packen unser Hab und Gut in schwarze Säcke. Meine Freundin will ihr Zelt – weil schon kaputt – nicht mehr abbauen, da wir schon nass bis auf die Knochen sind und sich bei der anderen Mitreisenden hysterische Anfälle einstellen. Deren Freund baut noch seelenruhig den Pavillon ab, während wir im Auto auf Handtüchern und Decken ausharren.

Ziemlich gereizt machen wir uns auf den Weg, den wir zum Glück ohne Hilfe des bereitstehenden Traktors schaffen, der andere Autos aus dem Schlamm zieht.

Weit fahren wir nicht. Unser erster Halt ist die nächste Raststation. Ich kann dieses Gefühl hier nicht exakt wiedergeben, aber es ist so, als ob man zum ersten Mal wieder auf Zivilisation trifft. Wir bleiben sicher eine halbe Stunde in der Toilette. Nach zwei Tagen in übelst riechenden und versauten Plastikklos ein Luxus sondergleichen. Ich will gar nicht mehr weg und verbringe eine halbe Ewigkeit unter dem warmen Handföhn.

Irgendwann werde ich dann zu Hause abgeliefert und es mutet eigenartig an, die Wohnung mit zwei schwarzen Müllsäcken zu betreten. Endlich wieder im trockenen Luxus!

© Eva D 2020-07-12

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