Max.Lieber.Mann

Lara Farla

von Lara Farla

Story
1847 – 1935

Ich stehe vor seinem Bild: Kinder spielen im Tiergarten. Dahinter eine Gruppe von dunkel gekleideten Frauen mit Kindern. Sie lachen. Das Licht scheint durch die Bäume und wirft helle Tupfen. Ein Mann im schwarzen Anzug kehrt den Betrachtern den Rücken zu. Er trägt einen schwarzen Zylinder oder ist es ein chapeau claque? Ich liebe diesen Hut und diesen Namen!

Das Bild wirkt auf mich freundlich und ruhig. Es stellt eine Parkszene im 19. Jahrhundert im Tiergarten Berlin dar. Es ist Sommer oder zumindest scheint die Sonne warm, denn die Kinder im Vordergrund tragen helle, kurze Kleidung. Auf ihnen liegt der Fokus, sie nehmen den größeren Teil des Bildes ein und das Licht fällt auf sie. Die Personen im Hintergrund haben unauffällig dunklere Kleidung – sie verschmelzen mit den Bäumen und der Natur trotz ihrer geschäftigen Bewegung. Auch wenn der große Park recht bevölkert scheint, wirkt die Szenerie doch entspannt. Vielleicht liegt es an den gedeckten Farben und der Haltung der Personen?

Es ist wie ein lauer, gemütlicher Sonntagnachmittag vor mehr als 100 Jahren in Berlin, der schon damals belebten Großstadt, die Max Liebermann in diesem Bild verewigte. Er hat den Tierpark auch im Winter in einer Schneelandschaft festgehalten. Weitere seiner Werke zeigen den Wannsee oder den Garten vor seiner Villa am Wannsee. Heute ist sein ehemaliges Sommerhaus ein Museum mit einer Ausstellung seiner Werke. Hier lebte der Maler mit seiner Familie ab 1910. Den Garten, der zu Kriegszeiten wohl auch als Gemüsebeet diente, stellte Liebermann als Motiv oft in seinen Spätwerken dar.

Max Liebermann wurde 1847 in Berlin geboren und starb dort 1935. Er war einer der bedeutendsten Vertreter des deutschen Impressionismus und Präsident der Preußischen Akademie der Künste sowie der Künstlergruppe Berliner Secession. Wenn ich seine Biographie lese, dann hat er zwar ein gutes Elternhaus gehabt, aber sein Weg als Künstler und die Anerkennung seines Schaffens waren nicht leicht. Trotzdem wurde er im Vergleich zu anderen Künstlern zu Lebzeiten bekannt und geschätzt. Das änderte sich bei der Machtübernahme der Nationalsozialisten, die Liebermann kommentierte: „Ick kann jar nich soville fressen, wie ick kotzen möchte.“

Seitdem zog sich der Maler aus der Öffentlichkeit zurück, nur wenige Menschen wie Käthe Kollwitz behielten den Zugang zu ihm. Besonders tragisch und unendlich traurig ist, dass seine Frau, Martha Liebermann, sich das Leben nahm, weil sie in ein KZ deportiert werden sollte. Max Liebermann entstammte einer Familie jüdischen Glaubens und obwohl es Versuche gab, sie zu retten, gelang es nicht. Wie viele Leben von Künstler*innen und Menschen wurden vernichtet, wie viele wurden in das Exil gezwungen und wie viel Kunst wurde zu dieser Zeit zerstört?

Das Bild im Park ist friedlich, so als ob es keinen Winter, keinen Hass, keinen Krieg und keine bösen Menschen gäbe.

© Lara Farla 2022-12-09

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