von loislane
Mayonnaise war und ist kein Lebensmittel, das bei uns täglich auf den Tisch kommt.
Als wir Kinder waren eigentlich nur am Neujahrsmorgen bei unserem traditionellen Neujahrskonzert-TV-Frühstück. Da gab es Mayonnaise aus der Tube. Welche Marke kann ich mich nicht erinnern, ich glaube damals gab es da auch nicht so viel Auswahl. Auch kein Light oder Bio. Oder Glücklichedotter vom freilaufenden Biohuhn. In der Tube. Punkt. Die war gelb, das weiß ich noch.
Jedenfalls hat meine Mutter Eier hart gekocht und dann die Eierhälften mit einem Löffelchen Kaviar und einem Tupfen Mayonnaise garniert. Natürlich war der Kaviar kein „echter“ und der Lachs war auch Ersatz. Der war vermutlich nur gut weil er so schön orange war und herrlich fettig. Der Kaviar war nur salzig aber mit der Mayonnaise und dem Ei köstlich.
Jeder bekam zwei Eihälften und so viel Toastbrot wie man wollte. Und auf das haben wir dann auch Mayonnaise gestrichen und darauf eine dünne Schicht Kaviar oder Lachs garniert. Die Großen tranken Sekt und wir Kinder bekamen was immer wir trinken wollten auch in Sektflöten. Ich wollte immer Himbeersaft.
Meine Tante hat gelegentlich Mayonnnaise selbst gemacht. Ohne Anlass. Nur um eine Showeinlage zu kredenzen. Das wurde dann auch immer entsprechend theatralisch serviert, dass sie extra stundenlang in der Küche gestanden ist, um frische Mayonnaise zu machen. Die wurde andächtig probiert und irgendjemand hat dann immer gesagt, dass das ja gar kein Vergleich zu der in der Tube ist. Das war dann wohl der Ritterschlag für meine Tante oder zumindest das was sie hören wollte, möglichst häufig und von jedem einzelnen. Ich hätte das schon auch sagen können, weil es war echt kein Vergleich: Die Tubenmayonnaise war einfach viel besser. Aber von uns Kindern wurde zum Glück ohnehin nie ein Feedback erwartet.
Ich kannte das mit dem „kein Vergleich, viel besser“ auch. Meine Großmutter hat in einem Sommer in ihrem Garten Kirschtomaten angepflanzt. Ganz hinten war jetzt das „Gemüsebeet“. Und ein paar Stauden wurde probeweise angepflanzt und trugen bald erste Früchte. Die Kirschtomaten waren traumhaft gut. Sonnenwarm vom Strauch gepflückt, eine herrliche Süße, nachdem man die feste Schale geknackt hat. Kein Vergleich zu den gekauften Paradeisern.
Irgendwann plaudert meine Großmutter mit unserer Mutter und erzählt ihr, dass sie die Stauden wieder herausnehmen wird und wie üblich Ribisel einsetzen wird. Da wären zwar immer genug Früchte gewesen aber die Vögel haben die dann immer gepickt bevor sie die ernten konnte. Wir Geschwister schauten uns kurz an und mit einem Blick war es ein Geheimnis, das wir immer gleich in der Früh die Sträucher abgeerntet haben.
Bis heute habe ich keine Mayonnaise selbst gemacht. Und am Silvestermorgen gibt wieder harte Eier, Toast und Mayonnaise.
© loislane 2023-12-29