MCS Transvaal – große Haie, kleine Fische

Josef_Raben

von Josef_Raben

Story

Das Containerschiff Transvaal pendelte zwischen Südafrika und Europa im Liniendienst über den Atlantik. Die 18 Mann Stammbesatzung hatten sich auf dem Schiff, das für 35 Mann Besatzung ausgelegt war, bislang recht gut eingerichtet. Nun drängten sich ohne Vorwarnung 14 Auszubildende in den eingespielten Schiffsbetrieb. So groß das Schiff ansonsten war, so klein wurde es angesichts der unzähligen Gelegenheiten für Reibereien.

Teile der Stammbesatzung sahen – neben anderen Widrigkeiten – nicht zuletzt ihre Heuer in Gefahr. Die Azubis wurden als Bedrohung wahrgenommen, da ein großer Teil des Monatslohnes aus bezahlten Überstunden bestand. Auch im Schiffsalltag wurden die angehenden Schiffsmechaniker und Offiziersanwärter stets als Belastung empfunden, sei es beim Essen oder bei der Nutzung von Freizeiteinrichtungen, wie der Bar oder dem Schwimmbad.

Die Manifestation der Problematik entstand schließlich aus Holz und hieß bald nur noch “Die Bank”. Einige Matrosen hatten eine Bank für die Kaffeepause an Deck gebaut, da es oft an Sitzgelegenheiten mangelte, weil die Azubis sich überall breit machten. Auf der Lehne wurde ein Messingschild mit der Aufschrift “Nur für die Stammbesatzung” angebracht. Da saßen sie nun und genossen ausgiebig ihre neuen Vorrechte. Natürlich wurde diese Bank fortan von den Matrosen eifersüchtig bewacht.

Die Transvaal war in dieser Zeit kein glückliches Schiff. Ständig lief man Gefahr, irgendwelchen Repressalien der Stammbesatzung ausgesetzt zu sein. Die Schiffsführung versuchte die Situation mit einer Grillparty auf dem Achterdeck zu verbessern. Alles wurde mit Flaggen schön geschmückt und die Poller erhielten weiße Tischdecken. Die Grillparty war zwar ein Erfolg, jedoch blieb die Stimmung problematisch.

Es gab aber auch viele positive Momente. Ich erinnere mich noch genau, wie ich einmal während meiner Brückenwache bei Sonnenaufgang und klarem Himmel die Transvaal vor der malerischen Kulisse des Tafelberges in den Hafen von Kapstadt steuern durfte.

Unsere vornehmste Tätigkeit war allerdings die Maschinenwache, die wir tagsüber selbständig durchführten; nachts war der Betrieb wachfrei. Einmal wurde ich mitten in der Nacht geweckt. Ich hörte den Maschinenalarm. Niedriger Zylinderkühlwasserstand hatte einen Notstopp der Hauptmaschine ausgelöst. Der Chief-Ingenieur fragte mich, ob ich denn auch den Ausgleichstank aufgefüllt hätte. Da wurde mir schon etwas flau im Magen. Tapfer bejahte ich und es stellte sich zu meiner großen Erleichterung heraus, dass ein Schlauch geplatzt war.

Am Ende absolvierten wir insgesamt fünf Reisen auf der Transvaal und Ende August 1983 gingen wir in Hamburg von Bord, um unseren Urlaub und den anschließenden Schulzeitblock anzutreten.

Insgesamt zehn Monate Fahrtzeit und tausende Seemeilen auf MS Tabora und MCS Transvaal lagen nun hinter uns.

Rückblickend betrachtet war dies wohl für viele von uns die Reise unseres Lebens.

© Josef_Raben 2021-12-19

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