Meet John, Tony, Murphy and Georgie

Zoé Paula Minhoi Schmidt

von Zoé Paula Minhoi Schmidt

Story

Wir finden uns in einer Kleinstadt wieder, die als Großstadt gilt, aber alle Vor – und Nachteile einer Kleinstadt besitzt. Enge, verwinkelte Gassen mit Fachwerkhäusern und Irish Pubs, obwohl wir uns weder in England noch in Schottland befinden. Kopfsteinpflaster in den Boden gekloppt, wohin das man auch sieht. Gerade glänzen sie, weil der Nebel aus der Nacht geboren wird. Jeder Stein sieht aus, als habe man mit einem Spachtel massenweise Klarlack darüber gezogen.

Quietschende Reifen. Ein kleines weißes Auto biegt in einem Mordstempo um die Ecke, dicht gefolgt von einem Streifenwagen in Weiß und Grün und zwei bieder aussehenden Bullen, die genauso frustriert sind wie das okka-beige, was sie tragen. Trotzdem eifrig aggressiv drückt der Typ, der natürlich am Schaltknüppel sitz, aufs Gas, um den schmutzigen R5 nicht zu verlieren.

Währenddessen im Wagen:

Der Fahrer, den wir hier finden, ist spindeldürr und Anfang zwanzig. Aus irgendeinem unerfindlichen Grund ist sein halblanges, geschwungenes Haar karottenorange gefärbt, kein Punk. Glucksend und mit Wahnsinn in den blutunterlaufenen Augen peitscht er durch die Fußgängerzone und freut sich, die Verfolger hinter sich zu wissen. Laute Musik spielt und eine Fluppe in seinem Mundwinkel, welche er nicht aus dem Maul nehmen kann, schalten und lenken beansprucht. Die Asche auf dem blauen, mottenzerfressenen Wollpulli. Weiter gehts. Am Standesamt rechts in die nächste Seitenstraße, in die Einbahnstraße falsch herum und um die Ecke. Auto abstellen und heraus springt der junge Mann. Er linst um die Ecke, sieht die Verfolger und drückt sich in einen Hauseingang. Die Verfolger fahren an ihm vorüber. Er lacht schelmisch und zündet sich eine neue Zigarette an, die er gerade aus dem Softpack schüttelte.

Er schaut sich um auf der Suche nach einem Café oder Ähnlichem, sein Freund Murphy wohnt hier irgendwo, jedenfalls murmelt er so etwas vor sich hin.

Er wandert die Straße herunter und kontrolliert die Klingelschilder. Murphys Nachname „Shaun“ ist nicht dabei. Er klingelt nirgends. Aber am Ende der Straße, ein Stehcafé. Er kramt in den Hosentaschen seiner Bluejeans. Drei Mark Fufzig. Immerhin. Kaffee bekommt er dafür noch. Er geht rein, atmet den Mief tief ein. Es ist irgendetwas aus alten Menschen, Kippen und Essigreiniger.

Der betagte und schlecht betucht aussehende Mann hinter der Ladentheke schnarcht vor sich hin und schreckt beim Geklimper der Ladenklingel hoch.

Er wischt sich den halb angetrockneten Sabber vom Kinn.

Als der Junge nach Kaffee fragt, deutet der alte Sack nur auf einen Automaten und schwarze, winzige Plastikbecher.

Bah. Wie im Krankenhaus. Er rümpft seine knubbelige Nase.

Na gut, klar kommen erscheint ihm dann wohl doch wichtiger.

© Zoé Paula Minhoi Schmidt 2022-08-08