von Boris Brandt
Allen geht es schlecht. S telefoniert aufgeregt und ohne Pause wackelt mit den Beinen und schaut ständig in den Spiegel. G hyperventiliert, reißt die Pupillen auf, sinniert und fragt sich Fragen. Ich liege im Bett. Mehr aus Faulheit, als aus Depression. Plane den Tag, denke über Fußball nach. Die schielende Küchenfrau hat mich geweckt. Schrie und spie: “Kann ja nicht angehen. Der Teller steht ja schon seit gestern hier.“ Auch das ist mir egal, bringt mich nicht aus dem Plan, dass es besser wird.
Ich denke:“Lass uns in Ruhe und verpiss Dich.“ Sage:“ Das ist mein Frühstücksteller. Bitte stehen lassen.“ G war joggen und duschen. Jetzt sieht er besser aus. Hat die Horrornacht verdaut und rausgeschwitzt. Ärgert sich jetzt über die Küchenfrau, die seinen Teller weggeräumt hat. Ist wieder der Alte.
Der Himmel suppt, keine Bewegung in der Luft, die Blätter stehen ruhig im Park. Nur manchmal bewegt sich ein einzelner Ast. Wegen eines Eichhörnchens oder eines Spatzen oder Gott. Haha, Gott: Schlechter Scherz übrigens, meine Lage. Kann jetzt mal aufhören. Darf jetzt mal besser werden. Wird längst besser. Auch ohne Gott. Aber vielleicht war auch das sein Plan. Prüft nur die Zähesten. Verschätzt sich manchmal. Dann tut es ihm Leid und er holt die verlorenen Seelen zu sich. Auch, wenn die seine Regeln nicht einhalten konnten. Oder mit voller Absicht einen dicken Haufen drauf gemacht haben. Trinken jetzt trotzdem alle Milch aus Bächen im Himmel und mäandern geschlechtslos und unübergriffig bei 24 Stunden Tageslicht durch hellgrüne Wiesen. Und ich trinke Apfelschorle aus diesen Plastikflaschen. Riecht schon vergoren vor lauter Schorle. Wasser zu Wein. Ich stehe jetzt auf.
© Boris Brandt 2020-11-11