26. Januar 2018 – der Tag, der mein Leben veränderte. Wenn du schon mal Wasserski oder Wakeboard gefahren bist, warst du wahrscheinlich mit unserer Firma indirekt in Kontakt. Unsere Sesitec von Lerchenfeld GmbH stellte seit 1992 Wakeboardanlagen her. Mit 16 Jahren bin ich Vollzeit in die Firma eingestiegen und war dann, für sieben Jahre dabei. Danach war es vorbei.
Wie es dazu gekommen ist? Wir haben das Fass zum Überlaufen gebracht! Der Jahresumsatz 2016 belief sich auf fünf Millionen Euro, denselben Betrag investierten wir in den Neubau des Firmen- und Wohngebäudes. Zur gleichen Zeit beteiligten wir uns an einen Wakepark in Singapur, welcher sich leider als Fehlinvestition entpuppte. Die Kombination führte dazu, dass uns das Geld ausging. Die Bank forderte ein Sanierungskonzept und ein Testat für den Jahresabschluss.
Es musste ein Investor her! Nach Monaten konnte ich ihn finden. Ein Lichtblick. Er war bereit die Bank vollständig abzulösen, um uns eine zweite Chance zu geben.
Sechs Monate lang fieberten wir auf den 17. Dezember 2017 hin. Der Tag an dem der Notar den Deal besiegeln sollte. Zwei Tage vor dem lang ersehnten Termin rief die Bank an, um uns mitzuteilen, dass sie die Verträge nicht freigeben werden.
Gar nicht gut. Wir konnten gerade noch die Gehälter zahlen. Die Uhr fing an zu ticken.
Über die Weihnachtszeit haben wir aus dem Sanierungskonzept den Antrag für die Planinsolvenz entwickelt. Am 26. Januar 2018 stellten wir den Antrag beim Gericht. Das Verfahren wurde noch am selben Tag vorläufig eröffnet. Sofort wurden Gutachter, Sachwalter und Anwälte einberufen. Der neue Plan, mit dem Investor eine neue Firma zu gründen und die Alte durch die Insolvenz zu führen, ging auf. Unsere Mitarbeiter und Assets gingen in die neue Firma über. Rückwirkend betrachtet war das der bessere Weg. Sesitec besteht weiterhin, jedoch nicht als Familienunternehmen.
Materiell verloren – an Leben gewonnen. Diese Erfahrung gibt mir heute bei meinen Entscheidungen Mut und Kraft. Meinem jüngeren Ich würde ich gerne diese Fragen stellen:
1. Was ist das Schlimmste, das passieren könnte?
2. Wer kann Dir helfen?
Ich wünschte, ich hätte mir diese Fragen damals schon gestellt. Oder um es in Churchills Worten zu sagen „Wenn du durch die Hölle gehst, geh weiter!“
Eine Insolvenz prägt – sie verändert dich. Durch die Verbindung aus geschäftlichem und privatem Investment folgte auch die Privatinsolvenz meiner Eltern. Ich bin mit einem blauen Auge davon gekommen. Jedoch weiß ich eins Sicher: In meinem Leben wird kein Gutachter mehr den Wert meines Bettes bestimmen. Heute gebe ich das Wissen und die Erfahrungen weiter. Ich möchte das Tabuthema des Scheiterns auflockern und Unternehmer in Krisen unterstützen ihre Würde zu erhalten.
© Janik von Lerchenfeld 2021-01-25