Mein DJ Neffe

Monika Bayerl

von Monika Bayerl

Story

Zum elften Geburtstag hat er ihn geschenkt bekommen, den DJ Controller: Eine Soundanlage, die eine ganze Menge draufhat. Zwei USB Eingänge, Klangfilter und andere Effekte, mit denen man die abgespielte Musik aufpeppen kann. Wenn Emil vor seiner neuen Anlage steht, sieht er wie der absolute Profi aus. Das Christkind hat ihm nämlich auch noch ein Mikrofon, einen Datenstick mit rund 300 Hits und echte DJ Kopfhörer gebracht. Die sind unglaublich praktisch, weil sie Außengeräusche stark abdämpfen und ohne störende Kabel auskommen. Den rechten Teil schiebt er gekonnt hinter das Ohr, um mit uns quatschen zu können. Nebenbei wählt er das nächste Lied aus, das er uns vorspielen will. Wir haben ausgemacht, dass er beim Familientreffen sein neues Hobby vorstellen darf. Unter dem Hocker, der als Tisch für den Controller dient, liegt das musikgesteuerte Diskolicht. Es blinkt und strahlt in bunten Farben. Unsere Socken reflektieren die Strahlen, während wir in Stimmung kommen. Omas Gästezimmer ist mit ihrer Erlaubnis zur Diskothek umfunktioniert.

Das Leben muss man tanzen, heißt es so schön. Was ich in der Jugendzeit verpasst habe, hole ich heute nach. Emil kündigt immer den nächsten Song an. Dann reicht er mir das Mikrofon, damit ich beim Refrain mitsingen kann. Mit seiner Gelfrisur und dem passenden T-Shirt sieht er hinreißend aus. Deshalb rufe ich ins Mikro: Applaus für unseren DJ! Er verbeugt sich und strahlt so hell wie das Diskolicht. Immer wieder dreht er an den Reglern in der Mitte des Pults, um den Klang abzumischen. Rechts und links gibt es zwei Jog Wheels zum Scratchen. Mit dem Pitch-Fader kann er die Geschwindigkeit anpassen. (Ich habe übrigens nachgeschaut, wie man all diese Funktionen nennt, damit ich mich nicht blamiere.) Es klingt total witzig, wenn das Tempo der Lieder gedrosselt oder beschleunigt wird. Man muss ja auch seine Bewegungen anpassen, was zu akrobatischen Einlagen führt.

Emil nimmt sogar Liederwünsche entgegen. Für meinen Bruder spielt er Another One Bites the Dust von Queen, danach legt er The Final Countdown auf. Meine Nichte, meine Schwägerin und ich reißen die Hände in die Luft. Es ist eng, stickig und macht richtig viel Spaß. Plötzlich singt jemand zum Refrain: The Final LOCKdown! Wie passend! Alle grölen mit. Bald sind wir außer Atem, also schlage ich Helene Fischer vor. Doch da nehmen die männlichen Tänzer Reißaus. Ich kann’s ihnen nicht verübeln, es gibt tatsächlich bessere Tanznummern. Verschwitzt grooven wir das letzte Mal durchs Zimmer, gemeinsam mit DJ Emil, der auch auf der Tanzfläche eine gute Figur macht.

Lieber Emil, ich bin richtig stolz auf dich! Hoffentlich hattest du genauso viel Spaß wie dein Publikum! Ich bin jedenfalls dank dir mit einer riesengroßen Portion guter Laune ins neue Jahr gestartet.

© Monika Bayerl 2022-01-05

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