von Thomas Schichl
Um für Chris einen Stammzellenspender zu finden, ging ich zur Typisierung Aktion der DKMS 1999 in Harburg (Schwaben). Ein Heimspiel für mich und ein Gefühl etwas Gutes für andere zu tun. So dachten wohl viele, denn die Menschen kamen von Weit her, um sich der Aktion anzuschließen. Die Wörnitzhalle war voll und sie standen zu Tausende auf dem Schulpausenhof, Schlange. Es war überwältigend.
Nach Monaten des Wartens erhielt ich von der DKMS-Zentrale einen Brief, >Sie sind ein geeigneter Stammzellenspender. Ihre Werte stimmen zu 98 % mit einem Patienten, der an Leukämie erkrankt ist überein. Bitte teilen Sie uns bald möglichst mit, ob sie zu einer Stammzellenspende bereit wären?< Da gab es für mich nicht viel zu überlegen, >das mache ich!< Ich berichtete meiner Frau von dem Brief und meinem Entschluss und bekam auch ihre Zustimmung, obwohl viele Horrormeldungen über die Stammzellenspende kursierten.
Ich wurde nach zwei Wochen zur Voruntersuchung nach Nürnberg bestellt, um weitere Tests und wichtige Fragen zu klären. Mir wurde die Stammzellenentnahme genau geschildert und dass dafür benötigte Gerät erklärt. Auch die Vorbereitung, mit den Spritzen für die Hormonbehandlung, die ich zwei Wochen vor dem Prozedere mir selbst zu spritzen sollte, wurde mir gezeigt.
Der Termin stand für Anfang August 2000 fest. Ich begann, ende Juni mit dem Spritzen der Hormone, die eine mehr Anreicherung der Stammzellen anregte. Das Mittel bewirkte bei mir nur ein leichtes Unwohl sein aus. Was ich aber mit Anstand auf mich nahm, den ich wusste, meinem Empfänger ging es um vieles schlechter. Denn bei ihm wurde durch die Chemo alles im Körper abgetötet, damit die neuen Stammzellen einen Neustart hinlegen konnten. Ein Abbruch in dieser Fase wäre für ihn ein Todesurteil gewesen.
Am vereinbarten Termin, fuhr ich mit meiner Frau im ICE, nach Nürnberg zur Entnahme. Im Klinikum angekommen, setzten sie mich an ein Dialysegerät. Vom rechten Arm aus wurde mein Blut in die Zentrifuge geleitet, vom Plasma, Stammzellen und Verunreinigungen getrennt. Der Rest an Blut wurde über einen weiteren Schlauch wieder in den linken Arm zurückgeführt. Die Prozedur dauerte über sechs Stunden. In denen ich nicht Aufstehen durfte. Ich schaute während der Entnahme, die Olympischen Spiele an, da eine Harburgerin Caroline Hingst, beim Stabhochsprung teil nahm. Wegen eines Problems der Maschine wurde ein weiter Beutelsatz an mir angeklemmt und ich saß weitere zwei Stunden an der Apparatur. Nach der Beendigung musste ich noch auf das Ergebnis der geförderten Stammzellen-Menge abwarten. Die für Ausreichend befunden wurde und ich somit meinen Teil erfüllt hatte.
Mein Patient, Horst Götze damals 63 Jahre alt, war durch diese Stammzellenspende vollends Genesen und lebt seit zwanzig Jahren, ein zweites Leben. Wir haben uns Mittlerweile mehr Mals getroffen und Telefonieren des Öfteren miteinander. Es geht im bis heute sehr gut.
© Thomas Schichl 2021-03-26