von Petronella
Lenny Kravitz im Olympiastadion Innsbruck. Das konnten wir uns als Teenager nicht entgehen lassen, zudem es damals nicht viele Musiker gab, für die wir unser Taschengeld geopfert haben.
Voller Vorfreude und – wie es sich für echte Rockmusikfans gehört – mit einer Palette Dosenbier im Gepäck fuhren wir zu sechst im Zug nach Innsbruck.
Beim Stadion angekommen hatten wir die letzte Bierdose geleert und waren bereit für das Konzert. Die Vorgruppe Skunk Anansie startete pünktlich um 20 Uhr mit dem Programm und wir wippten auf unseren Sitzplätzen hin und her. Schnell war klar, dass die Sitzplätze keine gute Wahl waren, schließlich wollten wir mit der Masse mitgehen und ganz vorne mitshaken. Nur hatten wir keinen Zutritt in den unteren Bereich und der Sprung von der Tribüne runter auf die Stehplätze schien uns etwas heftig.
Doch jugendlicher Leichtsinn und die Aussicht, Lenny Kravitz ganz nahe zu kommen hatten gesiegt, um einen Plan zu schmieden und die gut 2,5 Meter Höhe zu überwinden.
Es wurden Zweiergruppen gebildet, schließlich mussten wir an den Securities vorbei, die wie Pitbullterrier im unteren Bereich auf und ab marschierten.
Claudia und ich beschlossen, als Letzte zu springen. Wir beobachten erstmal das Geschehen. Doris und Christian hopsten gekonnt über das Geländer und sprangen in die Tiefe. Schnell war ein Security in Alarmbereitschaft und kam auf sie zugelaufen, aber die beiden konnten entkommen. Auch Helga und Sabine waren schneller als das Sicherheitspersonal und wir sahen sie lachend in der Menschenmenge untertauchen.
Nun waren wir dran. Claudia und ich warteten ab, bis der Security Mann hinter der nächsten Betonsäule verschwunden war, nahmen uns an der Hand, atmeten tief durch und sprangen in die Tiefe. Ich schlug mit meinem Doc Martens hart aber sicher auf dem Asphalt auf. Ich sah zu Claudia, die schmerzverzerrt zur Seite kippte. Sie schrie mir zu, dass sie nicht aufstehen kann, weil ihre Beine so schmerzen. In dem Moment sah ich aus dem Augenwinkel einen Security auf uns zustürmen. Ohne lange nachzudenken schnappte ich Claudias Hand und half ihr vom Boden auf, schulterte sie und rannte so schnell wie möglich in die Menschenmenge. Ich bahnte uns den Weg nach vorne und ein Blick zurück zeigte, dass der Security bereits aufgegeben hatte, uns einzuholen.
Perfektes Timing, denn schon hörten wir die ersten Töne von Lenny Kravitz und konnten das Konzert – nun stehend in der Menge – genießen.
Die Ernüchterung kam mit dem Abfall des Adrenalinspiegels. Durch den Sprung hatten wir uns alle die Füße verstaucht. Am Schlimmsten hat es Claudia erwischt, die von uns den restlichen Abend nur mehr mit einem Gepäckswagen vom Bahnhof transportiert werden konnte und folglich 3 Wochen mit Krücken herumhumpeln musste. Ich habe keine groben Schäden davon getragen, wenngleich ich heute noch der Meinung bin, dass mich der Sprung zumindest 1 Zentimeter Körpergröße gekostet hat.
© Petronella 2019-10-30