von Melanie Siegele
Der vierte Gartensommer ist mehr oder weniger in vollem Gange. Es ist erstaunlich, wie Vieles ganz automatisch aus der gewonnenen Fertigkeit heraus gelingt. Das „Garteln“ ist wie das Leben ein Prozess. Samen sind wie Gedanken oder Wünsche. Das Eine wird in die Erde gepflanzt, das Andere beginnt in einem selbst zu wachsen.
Zuerst beginnt man, die richtige Erde und den richtigen Hummus zu verwenden. Auch der richtige Platz ist für das Gelingen jeder Pflanze von großer Bedeutung. Viele Gärtner schauen auf die Zeichen! Man fragt sich: „Welche Nachbarn tun der Pflanze gut“? Der Gärtner pflanzt, was ihm gefällt, was ihm schmeckt, was sein Herz erfreut. Er weiß um die Farben, Geschmäcker und Düfte des Sommers.
Ist das bei uns Menschen nicht auch so? Kann unsere Seele nicht erst dann gut wachsen, wenn bestimmte Gegebenheiten optimal vorbereitet sind? Kann man für seine Seele diese Voraussetzungen schaffen? Ich denke schon.
Man kann seine Seele als Garten betrachten. Man sucht sich aus, welche Farben, Geschmäcker und Düfte der Seele guttun? Wie man den Garten zu jeder Saison und zu den Bedürfnissen pflegt, so kann man sich auch um die Seele bzw. um den Seelenweg kümmern.
Der Garten ist vorbereitet und unscheinbare erste Blätter entstehen. Man freut sich, wenn man das erste Grün aus der Erde sprießen sieht. Der Gärtner weiß genau, dass die ersten Tage der neuen Pflänzlein eine kritische Zeit darstellen. Man schaut immer wieder, ob es den kleinen Gewächsen gut geht. Man weiß, dass in dieser Phase Geduld, Liebe und Hingabe genauso wichtig ist wie der Schutz vor ungünstigen Gegebenheiten.
Genau diese Voraussetzungen braucht die Seele, damit sie ihr wahres Wesen entfaltet. So klein und zart dieses Wesen am Anfang sein mag, so schnell bekommt man eine Vorstellung von der Schönheit und der Strahlkraft des eigenen Selbst.
Dank der Sonne und des Regens wächst und gedeiht es im Garten gerade prächtig. Die ersten Früchte werden schon rot. Die Arbeit und die Hingabe machen sich bezahlt. Jede Pflanze wächst in ihrem Tempo. Auch gleiche Arten wachsen unterschiedlich schnell. Es ist ein Genuss, jeder Farbe und jeder Form beim Wachsen zuzuschauen.
Genau dieses Bild habe ich gerade vor meinem inneren Auge. Ich weiß, ich habe gesät. Ich weiß, dass ich mich gut kümmere. Den nötigen Schutz und meine ganze Liebe, die meine Seele gerade braucht, gebe ich ihr von Herzen. Den ersten Seelenpflanzen schaue ich genau wie meinem Garten voll Genuss, Stolz und Freude beim Wachsen zu.
Ich bin gewiss, dass es eine Ernte geben wird.
Genau so lässt sich mein Seelengarten gerade beschreiben. Dass es 4 Gartenjahre gebraucht hat, scheint eine Laune der Natur zu sein. :-)
© Melanie Siegele 2024-07-18