Mein Krampus und seine Silvestervorlieben

Eva Flehschurz

von Eva Flehschurz

Story

Im Dezember 2010 , am 5.um genau zu sein, also am Krampus-Tag, da lernte ich einen kennen, der mein Leben total aus den Fugen brachte. Bei einem karitativen Punsch mit der Family war’s. Er und ich, wir schauten uns kurz in die Augen und es war um mich geschehen. Mein Mann redete auf mich ein, einen Gang zurückzuschalten, und versuchte verzweifelt mich davon abzubringen, ihm anzubieten, mit zu uns nach Hause zu kommen. Auch meine Kinder waren einigermaßen irritiert. „Mama! Echt jetzt?“ Vergebens…

Plötzlich war alles anders. Meine Prioritäten haben sich verschoben, als er bei uns einzog. Sogar meine Silvestergewohnheiten hat er gänzlich auf den Kopf gestellt. Früher war ich am 31. Dezember immer viel unterwegs. Theater. Kino. Bälle. Silvesterpfade. Städtetrips. Skiurlaube… Seit 2010 bleibe ich jetzt daheim. Ihm zuliebe. Theater oder Kino sind nichts für ihn. Wenn wir gemeinsam verreisen, dann am liebsten in ländliche Gefilde mit viel Natur. Und mit dem Auto. Notfalls mit dem Zug. Fliegen kommt jedenfalls nicht infrage. Skifahrer ist er auch keiner. Einmal war er zwar mit, aber nur zum Spazieren und so. Silvesterpfad ist ein absolutes NoGo für ihn. Zu viele Leute auf einen Haufen. Das kann er gar nicht leiden.

Deswegen haben wir seit mittlerweile zehn Jahren folgendes Ritual: wir haben eine Art Tag der offenen Tür. Wer kommen mag, kann kommen. Unter Tags. Abends. Man kann kurz bleiben, oder länger. Also nicht so wie bei diesen Facebook-Gschichteln, dass auf einmal 100.000 fremde Leute hier antanzen. Nein, natürlich wird das nur im echten Freundeskreis und persönlich kommuniziert. Besuch hat er gerne. Da freut er sich, wenn sich bei uns die Leute die Klinke in die Hand geben.

Was er gar nicht leiden kann, ist diese Knallerei. Ich mag das auch nicht. Da sind wir uns einig, obwohl wir sonst schon sehr verschieden sind. Um Mitternacht gehen wir immer vors Haus, mit unseren Gästen und einem Sektglas in der Hand. Dann stoßen wir im Freien mit gleichgesinnten Nachbarn an und verteilen Glücksbringer. Er geht da nie mit. Sekt mag er nicht und es ist ihm einfach zu laut.

Nach ca. einer Stunde setzen wir uns drinnen wieder gemütlich zusammen, spielen noch ein bisschen etwas. Bleigießen ist auch immer wieder eine Option. Letztes Jahr haben wir es mit Wachs probiert, weil das Blei ja so ungesund ist. Außerdem kriegt man es eh nirgends mehr. Das war aber eher ein Rohrkrepierer…

Und wenn dann im Morgengrauen die letzten Gäste nach Hause gehen, geht’s ab in die Heia. Dann freuen wir uns schon auf den nächsten Tag, er und ich. Nach einem späten Frühstück und einem kleinen Spaziergang kuscheln wir uns auf die Couch und drehen die Kiste auf. Dann genießen wir gemeinsam das Neujahrskonzert. Während ich mit der linken Hand sein strubbeliges Fell kraule, schiebe ich mir mit der rechten Hand eines der letzten Vanillekipferl in den Mund und verschiebe meine jährlichen Neujahrsvorsätze, wie weniger zu essen und mehr Sport zu betreiben, auf nächstes Jahr…

© Eva Flehschurz 2020-12-07