Mein Schulmädchenreport

NeleChryselius

von NeleChryselius

Story

1970, das Jahr in dem der skandalöse Film Schulmädchenreport in die Kinos kam, war das Jahr meiner ersten großen Liebe.

Also, ein bisschen anders als im Film war’s schon, aber die Hormone spielten in meinem Schulmädchenleben eine ebenso große Rolle. Zum Glück gab es bereits die Pille. Nur, wie sollte ich daran kommen?

Mein Vater stand auf dem Standpunkt, Männer sammeln Erfahrung, Frauen gehen unbefleckt in die Ehe. Auf meine Frage, was aus den Mädchen wird, mit denen die Männer ihre Erfahrung sammeln, bekam ich die Antwort, dass ich nicht frech werden sollte und mich nicht wegwerfen dürfte. Also hier war keine Hilfe zu erwarten. Meine Mutter war ausnahmsweise derselben Meinung wie mein Vater. Meine ältere Schwester war schon seit Jahren mit ihrem Freund zusammen, aber unser Verhältnis war schlecht. Hätte ich sie gefragt, wie sie das Problem gelöst hatte, hätte sie entweder empört oder verständnislos oder mit einer Mischung aus beidem reagiert und mich obendrein bei den Eltern verpetzt.

Aber: meine engste Freundin war in derselben Situation wie ich und sie hatte die Lösung! Ihr Onkel, selbst Arzt, hatte sich kürzlich in ihrer Gegenwart darüber echauffiert, dass ein Gynäkologen-Kollege jungen Mädchen die Pille verschrieb, ohne dass die Eltern davon wussten. Meine Freundin Britta hatte die Ohren gespitzt, als der Name fiel. Sie rief in der Praxis an, bekam einen Termin und bei unserem nächsten Treffen hielt sie mir ihre erste Pillenschachtel unter die Nase. Ich lief sofort zur nächsten Telefonzelle und vereinbarte ebenfalls einen Termin. Auf dem Weg zum Arzt wurde mir mulmig. Was, wenn ich im Wartezimmer eine Bekannte meiner Mutter treffen würde? Oder gar meine Schwester. Eine Katastrophe! Mit bangem Herzen und gesenktem Kopf saß ich wie auf Kohlen im Wartezimmer und vermied jeden Blickkontakt. Endlich wurde ich hereingerufen, bekam mein Rezept und ging zur Apotheke.

Aus Furcht vor Entdeckung trug ich die Pillen immer bei mir, nachts verstaute ich sie unter der Matratze.

Und dann musste ich hilflos dabei zusehen, wie sie davonflossen. Ich wollte duschen und hatte mich im Badezimmer eingeschlossen. Meine Schwester rüttelte an der Tür, sie hatte ein dringendes Bedürfnis. Mir blieb nichts anderes übrig, ich musste ihr öffnen. Mein Misstrauen ihr gegenüber war so groß, dass ich die Pillen mit in die Dusche nahm. Und nun, wohin damit? In meiner Not schob ich sie unter die Rutschmatte, bevor ich das Wasser aufdrehte. Ich seifte mich ein. Dann schaute ich auf den Wannenboden und wunderte mich über das rosa Rinnsal, das unter der Matte herauslief. Oh no!

Da floss sie dahin, meine Vorfreude auf das nächste Treffen mit meinem Freund.

© NeleChryselius 2021-01-21

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