(M)ein Stück vom Glück

Anna Pourkarami

von Anna Pourkarami

Story

Die ersten Jahre meiner Kindheit reichten aus, um mich tief in den Gründen des 6. Wiener Gemeindebezirks zu verwurzeln. So tief, dass es mich später wieder hierher zog. Gesucht. Gefunden. Ein Stück vom Glück. Ein kleines Paradies für mich und meine beiden Kinder. Denn hier, im Hinterhof einer Altbauwohnung im 1. Stock, vereinigt sich das Gehölz von Kirsche, Flieder, Eibe und Efeu, ganz wunderbar zu einem luftigen Gartendickicht. Um darin einzutauchen, muss ich mich nur ein wenig aus dem Fenster lehnen, oder es zumindest im Auge behalten. Besonders hübsch ranken sich die Zweige dreier Kirschbäume in mein Leben…wenn ich in der Küche Essen zubereite, wenn ich die Wäsche im Durchgangszimmer parriere, wenn ich in meinem Schlafzimmer sitze und schreibe. In solchen und ähnlichen Situationen meines Alltags, schaue ich aus einem dieser drei, von der Natur gesegneten Fenster, und erhasche einen Blick auf dunkles Geäst, nur im Winter kahl, sonst grün gefiedert, und zur Blüte schaumig weiß betupft, auf- und abwippend in einer leichten Brise, appetitlich und wohlriechend, Vorbote der kirschrot verzierten Krone der Schöpfung am Horizont meines Gartenparadieses. Leuchtend rote, süße Tropfen auf grünem Tellerblatt vor einem quietschblauen Himmel. Tatsächlich quietscht und zwitschert so manche Amsel glücklich am Buffet.

Doch das Hinterhofgartl eröffnet noch andere kulinarische Aspekte. Meine Kinder und ich mögen es, in lauen Abendstunden ein wenig im Hof abzuhängen. Einer klemmt sich den XXS-Griller unter den Arm. Die andere schnappt sich den Kohlensack. Die Dritte schmeißt Würstchen, Halloumi, Maiskolben und Baguette in einen Korb, dazu eine Flasche Zitronenlimo, ein Tank Wasser, Ketchup, Sauce Tartare. Ab geht´s, hinunter die Treppe, hinaus durch die Hintertür, hinein ins Vergnügen. Leise, leise, um niemanden zu stören. Leise, leise, spiegeln sich die Flammen in drei über das Feuer gebeugten Gesichtern, rot vor Hitze und Glück, aufmerksam dem abendlichen Raunen lauschend, das aus den geöffneten Fenstern der Nachbarwohnungen dringt und bunte Bilder der Lebendigkeit in die aufkommende Dunkelheit malt. Kannst du dir vorstellen, wie gut das schmeckt?

Bevor wir dann schließlich, bleiern vor Müdigkeit, mit satten Herzen und Bäuchen in die Betten fallen, werfen wir noch kurz einen Blick aus meinem Schlafzimmerfenster, um zu sehen, ob sie wieder da ist. Unsere Katzenfreundin. Auch sie liebt das kleine Paradies im Hof, spaziert gerne mit hoch erhobenem Schwanz auf der alten, verwitterten Ziegelmauer zum bemoosten Wellblechgaragendach, um dort in der Stille des Mondlichts zu baden, während die Zweige des Flieders ihr schimmerndes Fell streicheln und der süße Duft der Blüten sich schwer auf die Lider der ringsum Schlafenden senkt. Entzückt betrachten wir die erhaben ruhende Silhouette der Katze, bis sie, durch ein Rascheln im Efeu zu neuem Leben erweckt, blitzschnell in der Dunkelheit verschwindet.

Gute Nacht!

© Anna Pourkarami 2021-04-24