Mein total verrückter (Aus)-Flug

Christa Arnet

von Christa Arnet

Story

Ja, Ihr dürft Euch an den Kopf greifen: Es gibt tatsächlich Leute, die für lediglich vier Tage nach Australien jetten. Vor geraumer Zeit gehörte auch ich dazu. Immerhin kann ich zu meiner Entschuldigung sagen, dass es nicht freiwillig geschah. Ich hatte einen beruflichen Auftrag in Cairns, der ausgerechnet zwischen zwei anderen Verpflichtungen (schnell) zu erledigen war.

Also zweimal 24 Stunden fliegen, vier Konferenzen, drei Bankette, fünf Besichtigungen, zu wenig Schlaf und keine Chance, Stadt und Umgebung in Musse zu erkunden. Aber dann geschah ein Wunder. Irgendein Interviewpartner wurde krank und ich hatte plötzlich zwei freie Stunden, um mir einen Traum zu erfüllen: Hinaus zum Great Barrier Reef!

Allerdings gab es ein größeres Problem: Die Schiffstouren dauerten zu lang und die Rundflüge waren längst ausgebucht. Der Hotelconcierge hatte jedoch Mitleid und ließ seine Beziehungen spielen. Es gebe da einen Piloten, meinte er verschwörerisch, der mich für 100 Dollar eine Stunde lang über das Riff fliegen würde. Ausnahmsweise. Weil ich es sei.

Natürlich stand ich pünktlich am vereinbarten Hangar. Nur leider allein. Kein Mensch weit und breit. Wo zum Teufel war mein Pilot?

<<G’day!>> ertönte da plötzlich eine Kinderstimme hinter meinem Rücken. Ich drehte mich um und sah ein Girl in kurzen Hosen, das mir vergnügt die Hand hinstreckte: <<I am your pilot today!>>

Ihr könnt Euch vorstellen, dass ich zusammenzuckte. Instinktiv wusste ich, dass mein letztes Stündchen geschlagen hatte. Zum Zögern blieb indes keine Zeit. Mit einem flotten <<Let’s go>> schleppte mich das Mädchen zum kleinsten aller kleinen Flieger. Das Einzige, was ich noch hervorwürgen konnte, war: <<Hast Du diese Kiste früher schon mal geflogen?>>

Die Kleine bog sich vor Lachen. Erstens sei sie 18, zweitens fliege sie seit dem 14. Lebensjahr und drittens trainiere sie bereits auf Jets. Was sollte ich tun? Die Kopfhörer hatte sie mir schon übergestülpt, die Gurten waren angezogen. Der Propeller drehte sich. Mein Kopf übrigens auch.

Den Start kriegte sie überraschend gut hin. Die erste, zweite und dritte Kurve auch. Bei der vierten wagte ich einen Blick nach unten – und war buchstäblich im Himmel. Etwas derart Faszinierendes wie dieses endlose, von Korallenbänken durchzogene Blau hatte ich noch nie gesehen. <<More, more!>> schrie ich ins Mikrofon, <<noch mehr Kurven, noch tiefer, noch näher!>>.

Der Glücksrausch hielt auch noch an, als wir bereits wieder gelandet waren. <<You are the best pilot ever>> lobte ich aus tiefster Überzeugung. Und sie erwiderte: <<Fliegen ist doch total easy>>.

Zum Schluss anerbot sie sich, mich mit ihrem Auto zum Hotel zu fahren, was ich bedenkenlos akzeptierte. Das war dann weniger easy. Auf halber Strecke blieben wir stecken. Den Motor zu inspizieren half leider nichts. Hingegen half es, dass ich den Benzinstand kontrollierte und mit einem Kännchen zur Tankstelle marschierte.

© Christa Arnet 2021-06-17

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