von Daniela Reinelt
Es ist schön, wenn ich so zurĂĽck an meine Kindheit denke, was ich doch alles erleben durfte. Ich hatte das GlĂĽck einen Opa, eine Oma und einen Uropa zu haben. Nicht jedes Kind hat das GlĂĽck. Manche Menschen haben vielleicht zwei Omas und zwei Opas aber nicht jeder hat einen Uropa. Er ist ĂĽber 90 Jahre alt geworden. Und da bin ich heute noch Stolz drauf. Er war der Vater meiner GroĂźmutter mĂĽtterlicherseits. Meine Oma hatte ganz tolle Talente, sie war sehr kĂĽnstlerisch begabt. Sie nähte, stickte Tischdecken passend zum Ess- und Kaffeegeschirr und sie kleidete nicht nur mich, sondern auch meine PĂĽppchen ein. Und so entwarf sie fĂĽr mich immer die Kleidung, die ich anziehen sollte. Es gab ja in den Nachkriegsjahren nicht sehr viel an Nahrungsmitteln, Kleidung und vieles mehr. Und besonders dann, wenn es hieĂź: Jetzt geht es wieder zu Deinem Uropa nach Pirna“, nähte sie fĂĽr mich wieder etwas sehr Schönes.
Wir wohnten damals in Dresden. „Hurra“, schrie ich los. Mir ging es da so richtig gut. Die Mutter meiner GroĂźmutter war leider schon sehr zeitig gestorben, sodass ich sie gar nicht kennenlernen konnte. Aber die zweite Frau von meinem Uropa, die Tante Elisabeth, sie liebte ich ĂĽber alles. Und auch mein zweiter Vorname ist Elisabeth. Da bin ich heute noch glĂĽcklich drĂĽber. Ich war also wieder einmal in Pirna angekommen, mein Zimmer mit meinem Bett war schon gerichtet und der Tisch im Wohnzimmer mit Blumen und Leckereien gedeckt. Ich wollte am liebsten immer dort bleiben und gar nicht mehr nach Hause. Mein Uropa ging viel mit mir an der Elbe spazieren und wir machten zusammen Pirna unsicher.
Dann gab es noch zwei Personen, die ich ins Herz geschlossen hatte, nämlich zwei Damen, die im Kirchenchor Posaune spielten. Ach war ich voller Freude, wenn sie mir etwas im Park auf der Parkbank vorspielten. Wie schön kann doch das Leben sein, so denke ich heute über diese wunderbare Zeit zurück.
Meine GroĂźeltern und meine Mutter wussten, dass ich gut in Pirna aufgehoben war. Sie brauchten sich also keine Sorgen zu machen, dass es mir nicht gutginge. Ganz im Gegenteil!
Eines Tages war es auch bei Tante Elisabeth soweit, dass sie den Weg ins Jenseits antreten wollte. Ich war sehr traurig. Wir fuhren also alle zusammen wieder nach Pirna. Das war dieses Mal ein trauriger Anlass. Ich durfte nicht mit zur Beerdigung und blieb bei den beiden Damen vom Kirchenchor. Sie passten auf mich auf. Sie haben mich von meiner Trauer abgelenkt und mit mir erzählt, aus einem Buch vorgelesen und sie waren einfach für mich da.
Ach, was ich noch gar nicht erwähnt habe, ist, wie ich meinen Uropa gerufen habe. Ich hab ihn nicht Uropa genannt, sondern Urchen. Wie auch immer ich auf diesen Namen kam, weiß ich heute nicht mehr. Es sollte auf alle Fälle ein Liebesbeweis von mir für ihn sein. Er klang ja auch sehr liebevoll und harmonisch.
Im Haus, wo mein Uropa wohnte, war eine Bäckerei. Diese hatte eine Katze wegen der Mäuse. Und diese Katze hatte ich, wie konnte es anders sein, auch ins Herz geschlossen.
© Daniela Reinelt 2020-08-05