von TomTom
1977 war es endlich so weit: Der Tag meiner Einschulung war gekommen. Ich erinnere mich noch genau an das mulmige Gefühl in meinem Magen, als ich mit meiner bunten Schultüte in der Hand vor der Haustür unseres kleinen Reihenhauses stand. Die Sonne schien warm auf mein Gesicht, und überall um mich herum herrschte ein geschäftiges Treiben. Eltern, Kinder, Lehrer – alle waren aufgeregt und voller Erwartungen. Ich fühlte mich stolz und gleichzeitig unsicher, als ob ich an der Schwelle zu einer ganz neuen Welt stand, die ich jetzt betreten musste.
Meine Mutter war kaum weniger aufgeregt als ich selbst. Ich konnte sehen, wie ihre Augen leuchteten und gleichzeitig leicht feucht wurden. Sie hatte mir die Schultüte liebevoll selbst gebastelt, jedes Detail mit Bedacht gewählt – das war ihr Geschenk an mich, ein Symbol für den Start in ein neues Kapitel meines Lebens. Sie hatte sich fest vorgenommen, mich in diesen ersten Jahren auf Schritt und Tritt zu begleiten. Mit ihrer Geduld, ihrer Fürsorge und dieser unerschütterlichen Engelsgeduld, die ich bis heute bewundere, hat sie mir eine Sicherheit gegeben, die ich damals noch nicht greifen konnte.
Der Schulweg, der mir damals so riesig und fremd vorkam, wurde schnell zu meinem täglichen Abenteuer. Ich lernte, mich in der neuen Umgebung zurechtzufinden – die Klassenkameraden, die Lehrer, der strenge Stundenplan. Doch während viele meiner Mitschüler mit Begeisterung die Schulbücher aufschlugen und eifrig ihre Hausaufgaben erledigten, entwickelte ich bald meine ganz eigene Strategie: Überleben mit minimalem Aufwand.
Die ersten Jahre in der Grundschule verliefen jedoch ganz anders, als meine Eltern es sich wohl erhofft hatten. Während sie hofften, ich würde voller Begeisterung und Neugier die Schulbank drücken, war meine Realität eine ganz andere. Mein Interesse an der Schule war – vorsichtig ausgedrückt – äußerst überschaubar. Ich war zwar neugierig auf die Welt, die sich um mich herum entfaltete, aber die starren Regeln des Unterrichts, das stundenlange Sitzen und das monotone Pauken ließen mein Herz nicht höher schlagen.
Schon nach wenigen Minuten im Klassenzimmer begann meine Aufmerksamkeit zu schwinden. Meine Gedanken wanderten ab, wie Schmetterlinge, die von einer Blume zur nächsten flogen, frei und ungezwungen. Während die anderen eifrig mitschrieben oder aufmerksam zuhörten, fand ich mich oft verloren in meinen eigenen kleinen Welten wieder – sei es eine Erinnerung, ein Traum oder eine Fantasie. Diese innere Unruhe wurde von meinen Lehrern nicht übersehen. Ihre Blicke, manchmal streng, manchmal enttäuscht, folgten mir durch die Stunden. „Du musst dich konzentrieren“, hörte ich oft, doch es fiel mir schwer, diesem Wunsch gerecht zu werden.
© TomTom 2025-06-18