MEIN WOHLFÜHLGLÜCK DER ETWAS ANDEREN ART

Elli-Heiglmaier

von Elli-Heiglmaier

Story

Einmal im Monat treffen sich mein Mann und ich mit Arbeitskollegen in unserem Lieblingslokal.

Eine Kollegin, meine beste Freundin, ist schon in Pension.

Wir freuen uns, daß sie jedesmal dabei ist und sie freut sich, daß wir sie immer einladen.

Ich saß mit ihr 15 Jahre im gleichen Büro – wir waren wie ein altes Ehepaar, wußten beinahe alles voneinander.

In all den Jahren teilten wir Freud und Leid miteinander, schließlich verbringt man mit Arbeitskollegen mehr Zeit, als mit seinem Partner.

Auf diese Treffen freute ich mich immer ganz besonders.

Am Morgen des Treffens hatte ich kein Problem aus dem Bett zu kommen. Mein Mann und ich machten uns besonders schick.

Bevor wir zum gemütlichen Teil – dem guten Essen – kamen, machten wir noch einen langen Spaziergang entlang eines Flusses. Ein bis zwei Stunden konnte es dauern, bis wir im Lokal ankamen. Ich genoss diese Spaziergänge – sie waren nach einem langen Arbeitstag besonders entspannend und man konnte dabei unbeschwert über alles Mögliche plaudern.

Im Sommer saßen wir im Gastgarten, im Winter in dem kleinen, gemütlichen Lokal. Mit der Zeit waren wir dort gern gesehene Gäste.

Nach dem Essen ging es immer noch in eine Bar, nicht selten bis nach Mitternacht. Aber es war allen egal, auch wenn wir am nächsten Morgen früh raus mussten. Die Kollegin, die bereits in Pension war, nahm einen langen Nachhauseweg in Kauf.

Eines Tages war alles anders. Nichts war mehr so, wie es einmal war. Von heute auf Morgen.

Mein Kollege rief mich am Morgen des Treffens an. Er machte sich Sorgen um unsere Kollegin, da er vergeblich versucht hatte, sie zu erreichen um sie an das Treffen zu erinnern.

Ich war enttäuscht. Ich hatte mich so auf diesen Abend gefreut. Gleichzeitig begann ich mir Sorgen zu machen, da ich wußte, wie viel unserer Kollegin unsere Treffen bedeuteten.

Doch als ich erfuhr, aus welchem Grund sie nicht erreichbar war, war plötzlich alles andere egal.

Am Nachmittag rief mich mein Kollege endlich an und ich merkte an seiner Stimme, daß etwas nicht stimmt.

„Weißt du“, sagte er, „welche Diagnose unsere Kollegin erhalten hat? Sie hat Brustkrebs. Noch dazu einen, der rasch wächst. Sie muß sofort mit Chemotherapie beginnen mit anschließender Operation und Bestrahlung“.

Ich begann zu zittern, mir wurde schlecht. „Ich weiß nicht, was ich sagen soll, tut mir leid“, sagte ich zu meinem Kollegen, „ich muss das jetzt erst einmal begreifen.“

Die Chemotherapie begann – 6 Monate lang. Sie hätte sich so gerne mit uns getroffen, aber es ging ihr schlecht.

Nach vier Bestrahlungen kam ein Anruf von ihr. Sie wollte sich mit uns in unserem Lieblingslokal treffen.

Wir waren sprachlos vor Freude, gleichzeitig hatten wir ein bisschen Angst vor dem Wiedersehen.

Sie kam tatsächlich – blass, mit einem Tuch auf dem Kopf und der Sonnenbrille, die ich ihr geschenkt hatte – und ihrem LÄCHELN im Gesicht.

Uns viel ein Stein vom Herzen.

Auch wenn nichts mehr so wie früher war, mein besonderes Wohlfühlglück war ein Stück weit zurück.

© Elli-Heiglmaier 2019-09-23