von Kiya Wadhwani
In der dritten Klasse hat sich für mich vieles verändert. Meine beste Freundin aus dem Kindergarten war zwar noch an der Schule, aber sie kam in eine andere Klasse, weil unsere wegen Lehrermangel aufgeteilt wurde. Und irgendwie ist der Kontakt einfach abgebrochen. Nachmittags im Hort haben wir zwar manchmal noch etwas zusammen gemacht, aber es war nicht mehr wie früher. Sie hatte neue Freunde, und ich saß oft einfach nur daneben.
Und dann kam sie.
Neu in der Parallelklasse. Gerade aus den USA hergezogen, aber sie konnte fließend Deutsch. Ich weiß nicht mehr genau, wie es angefangen hat, vielleicht war es im Hort, vielleicht in einer Pause, aber wir haben ziemlich schnell angefangen, Sachen zusammen zu machen. Spiele, Hausaufgaben, Quatsch erzählen. Es war leicht. Einfach da.
Wir haben von da an fast jeden Tag miteinander verbracht. Auch wenn wir in verschiedenen Klassen waren, hatten wir den gleichen Rhythmus. Und als es auf die weiterführende Schule zuging, sind wir beide aufs Gymnasium gewechselt, diesmal in dieselbe Klasse.
Es war schön, jemanden zu haben, der schon da war, den man kannte. Die ersten Jahre auf dem Gymnasium waren gut. Wir dachten ähnlich, lachten über dasselbe und redeten viel auf dem Weg nach Hause. Ich habe nicht darüber nachgedacht, wie lange das so bleiben würde.
Dann kam dieser eine Nachmittag in der siebten Klasse.
Wir waren auf dem Heimweg, mit dem Fahrrad, und spielten „Wahrheit oder Pflicht“, aber eben nur „Wahrheit“, weil man auf dem Rad keine Aufgaben machen kann. Es war eigentlich nur so zum Spaß, aber dann sagte sie, dass sie bald umziehen muss. Nicht, weil sie will. Sondern, weil es nicht anders geht.
Danach war irgendwie alles anders. Nicht sofort. Aber es war klar, dass die Zeit begrenzt ist. Es war so ein Gefühl, dass man nicht richtig greifen kann. Als würde man etwas festhalten wollen, das schon langsam wegrutscht.
Der Umzug kam. Wir haben weiter Kontakt gehalten und versuchen uns immer noch so oft wie möglich im Jahr zu sehen. Aber natürlich ist es nicht mehr wie früher. Der Alltag ist ein anderer. Ich habe gute Freunde in meiner Klasse, es ist nicht so, dass ich seitdem allein wäre. Aber die Verbindung zu ihr war besonders. Eben weil sie in einer Zeit entstanden ist, in der vieles neu und unsicher war, für uns beide.
Jetzt sind drei Jahre vergangen. Und manchmal, wenn ich an sie denke, fehlt sie mir einfach. Nicht dramatisch. Nicht so, dass es weh tut. Aber still. Wie ein Lied, das man lange nicht gehört hat, das aber sofort Erinnerungen zurückbringt, wenn es plötzlich wieder läuft.
Vielleicht ändert sich alles nochmal. Vielleicht auch nicht.
Es ist okay, dass es nicht mehr so ist wie früher. Aber manchmal wünsche ich mir genau dieses Früher zurück.
© Kiya Wadhwani 2025-06-28