von Astrid Holzinger
Ich habe eine komische Beziehung zu Starbucks. Würde ich behaupten. Ich versuche ihn in Österreich so gut es geht zu meiden. Das hat viele Gründe. Jetzt sind wir uns mal ehrlich – was kann besser sein, als Kaffee in einem netten österreichischen Kaffeehaus zu trinken? Will ich die Wiener Kaffeehauskultur mit einer amerikanischen Kaffeehauskette namens Starbucks zerstören? Aber fix nicht!
Wie nachhaltig kann ich sein, wenn ich einen Kaffee in einem Plastikbecher inklusive Strohhalm kaufe? Dann wohl doch besser eine Melange, den Standard in einem Zeitungshalter und ein paar grantige Wiener am Nebentisch. In einem traditionellen Wiener Kaffeehaus versteht sich.
Was, wenn ich jetzt ganz ehrlich verrate, dass ich auf Reisen aber sehr gerne zu Starbucks gehe? Du fragst dich bestimmt gerade, was mit dieser eigenartigen Frau falsch rennt. Zuerst groß von Nachhaltigkeit reden und im nächsten Absatz gestehen, dass auf Reisen alles anders ist.
Lange Zeit habe ich geglaubt, dass meine Beziehung zu Starbucks ein für mich ungelöstes Rätsel bleibt. Wie die Liebe. Oder Menschen, die Kaffee ohne Milch trinken. Oder Menschen, die Disneyfilme nicht mögen. Doch das Schicksal meinte es im Falle Starbucks gut mit mir und hat bei meiner Japanreise das Mysterium aufgeklärt.
Auf Reisen passieren unerwartete Dinge. Bei meinem Solotrip in Japan ist meine Kamera kaputt geworden – einfach so. Am liebsten hätte ich zu heulen begonnen. Meine heilige Canon. Ich wollte mich bei einem Freund beschweren, aber da war niemand. Nur ich. Also brauchte ich einen Ersatz. Kaffee! In Japan hat man’s als Kaffee-mit-ganz-viel-Milch-Tante echt hart. Außer man findet einen Starbucks.
Zum Glück erfahren zurzeit Starbucks extreme Beliebtheit in Japan. Wie man das so als Millenial macht – zuerst hab ich mich ins WLAN eingeloggt. Aber zuhause war es mitten in der Nacht. Was tun? Ich habe meine Augen geschlossen. Habe dieser typischen Starbucks Musik zugehört, die man sich auf Spotify sogar downloaden kann. Und habe mich gut gefühlt. Man kann sagen: ich habe mich zuhause gefühlt. Denn: alles wirkte so unglaublich vertraut.
Was ist das Gegenteil von Nachhaltigkeit? Ich würde sagen: Globalisierung. Es zerstört lokale Produkte und Kultur. Starbucks oder Mc Donald’s sind Paradebeispiele dafür. Kaffee kommt schlichtweg nicht aus Europa. Kann ich dann überhaupt nachhaltigen Kaffee trinken?
Diese Fragen sind mir durch den Kopf gegangen, während ich mich mit geschlossenen Augen im Starbucks zuhause gefühlt hab. In Japan. Ich habe keine Antworten dafür. Ist es möglich eine globale Kultur zu haben? Fühlt sich Starbucks für mich wie zuhause an, weil er überall auf der Welt gleich aussieht? Ok, diese Frage kann ich – glaube ich – mit „ja“ beantworten.
Ich finde toll, dass beides existiert. Global und lokal. Solange es ein Gleichgewicht gibt. Denn: Ich sehe mich selbst gerne als Frau aus einem kleinen Kaff in Österreich und Weltbürgerin zugleich.
© Astrid Holzinger 2019-12-05