Jetzt habe ich es endlich geschafft auszuziehen. Mit 24 Jahren. Meines Erachtens eher spät als früh. Während ich das schreibe und aus dem Fenster schaue, schimmert die rote Eingangsbeleuchtung vom gegenüberliegenden Puff durch die Bäume. Aber hey, ich habe es geschafft!! Meine Wohnung ist nicht groß, 39 Quadratmeter hat sie. Aber das reicht vollkommen für mich.
Ich habe mich im März bei Wiener Wohnen angemeldet und damit gerechnet, dass ich erst frühestens in einem Jahr eine Rückmeldung erhalten werde, wenn überhaupt. Wie man merkt, hatte ich keine besonders große Eile, einen eigenen Haushalt zu führen. Meine Eltern sahen das anders. Auf die Uhr tippend sahen sie mich an und meinten, dass es Zeit wird.
Ich wollte die Unselbstständigkeit bis zum letzten Tropfen auskosten, wenn ich ehrlich bin. Hotel Eltern. Essen zu jeder Zeit, frische Wäsche und Menschen um mich herum, die einen gesund pflegen, wenn man krank ist. Was will man mehr? Ich weiß, ich bin bescheiden.
3 Wochen später. Völlig unerwartet bekomme ich einen Anruf. „Wiener Wohnen“ zeigte mir mein Display an. Während ich mich noch gruselte, warum mein Handy diese Nummer zuordnen konnte, hob ich voller Euphorie ab. Mittlerweile musste sogar ICH einsehen, dass es an der Zeit war, flügge zu werden. Nach einem kurzen, formlosen Gespräch stand der Besichtigungstermin fest. Mir war es ziemlich egal, wo ich wohnen sollte. Mein einziges Kriterium war: Ich will meinen Heimatbezirk verlassen.
Bye, bye 21. Bezirk, hallo 15. Bezirk. Weg von der Donau. Rein in die Stadt. So muss es sein. Zumindest für mich. Nach weiteren 3 Wochen saß ich in der Rosa-Fischer-Gasse und unterschrieb meinen Mietvertrag.
Wie schnell so etwas gehen kann, wenn Gott die gleichen verzweifelten Gebete von zwei Personen erhört – nämlich von meiner Mama und meinem Papa.
Dann ging die Arbeit erst los. Mitten im Hochsommer fing ich an, umzuziehen. Sehr gemütlich und ohne Stress war mein Plan. Aber der ging leider nicht auf. Den gemütlichen Teil bekam ich hin, den stressfreien Teil weniger. Peu à peu richtete ich meine Wohnung ein. Ich musste feststellen, dass ich sehr kompliziert bin. Nach 2 Stunden Küchenplanung, wo ich ab einem Zeitpunkt schon hinter meinem Berater an seinem Schreibtisch stand und wir gemeinsam auf seinen Bildschirm schauten und planten (und ja, es handelte sich nur um eine(!) türkise Küchenzeile), warf er die Hände in die Luft und seufzte lautstark, aber sichtlich erleichtert: „Na endlich, sind wir wirklich fertig?“
Ich kaufte weiße Kommoden und Kästen, die ich teils gold lackierte oder mit floralen Selbstklebefolien verschönerte. Mein Geldbörserl wurde immer schmäler, aber meine Wohnung dafür immer voller und bunter.
Aber das Schönste an einer eigenen Wohnung ist die Ruhe und das Alleinsein. Ich finde das wunderbar, es gibt nichts Besseres. Ich habe sogar das Kochen für mich entdeckt, was kein Einziger aus meiner Familie erwartet hätte.
Ein neuer Lebensabschnitt hat für mich begonnen.
© GenerationAktionismus 2019-09-02