von Andreas Holzmann
Ich wollte eine Geschichte schreiben. Die begann so: Meine Freundin erzĂ€hlte mir⊠Moment. Du hast eine Freundin, echt? â Eine? Ich habe viele. â Angeber! Hast du keinen Spiegel zuhause? Und was sagt deine Frau dazu? â Ich meine nicht so eine Freundin. Ich habe Freunde, Gott sei Dank viele, mĂ€nnlich und weiblich, in drei Kategorien. Einfache Freunde, mit denen man sich gut versteht, gute Freunde, mit denen man gern was unternimmt und sehr gute Freunde, mit denen man stehlen geht. Die sprichwörtlichen Pferde meine ich. Mit meinen Freundinnen gab es nie eine Flirterei und schon gar nicht irgendein Gspusi. Wir haben uns auch nie gekĂŒsst und uns nicht einmal mit Umarmung-linkes-Bussi-rechtes-Bussi begrĂŒĂt. Ich kenne meine Freundinnen schon lange und frĂŒher war das nicht so ĂŒblich. Nach Corona wird sich diese BegrĂŒĂungsform ohnehin ĂŒberlebt haben. Ich habe mich oft gefragt, warum Leute diese Form der BegrĂŒĂung wĂ€hlen, wenn sie sich in Wirklichkeit so gern haben, dass sie sich dabei am liebsten die Ohrwaschl abbeiĂen könnten.
Also beginne ich neu, um keine MissverstĂ€ndnisse aufkommen zu lassen: Meine Bekannte erzĂ€hlte mir⊠Moment. Leute, die miteinander nur bekannt sind, erzĂ€hlen sich keine so guten Geschichten. Also doch Freundin. EINE Freundin erzĂ€hlte mir⊠Du hast eine Freundin, echt? Was sagt deine Frau dazu? â Hhm, so kommen wir nicht weiter. Ginge auch umgekehrt. Wenn meine oder sonst eine Frau dasselbe machen wĂŒrde? Also: Mein Freund erzĂ€hlte mir⊠Du hast einen Freund? WeiĂ dein Mann davon? Uff, das ist eine komplizierte Sache mit MEIN und DEIN. Possessivpronomen â besitzanzeigendes FĂŒrwort haben wir in Grammatik gelernt. Besitzanzeigend? MEINE Frau. Besitze ich meine Frau oder sie mich? Nicht wirklich. Ich liebe meine Frau, sie gehört zu mir, aber gehören tut sie mir nicht. Nur Dinge gehören einem. Mein Auto, meine Brille, meine Geschichte. Ach ja, was wollte ich jetzt eigentlich erzĂ€hlen? Eine lustige Geschichte, die mir meine Freundin erzĂ€hlt hat. Jetzt habe ich aber schon zweitausend Zeichen verbraten. Mit den restlichen fĂŒnfhundert geht sich das nicht mehr aus. AuĂerdem trĂ€llert gerade mein Handy. Meine Freundin ruft mich an. Hallo mein Liebe, wie geht es dir? Nein, das sage ich jetzt nicht, denn MEINE Liebe gehört nur meiner Frau. Alles klar jetzt?
© Andreas Holzmann 2020-04-17