Meine frühen Morgenstunden

Gabriele Leeb

von Gabriele Leeb

Story
Waldviertel 2025

Fünf Uhr morgens. Kalt, frostig und ruhig.

Ich liebe die frühen Morgenstunden. Ich stehe auf und koche mir einen Kirschblütentee. Vorher habe ich noch meinen Ofen angefeuert. Schnell prasseln die Flammen und der Feuerschein zaubert malerische, bewegte Figuren an die Wand. Ich nehme meine Teetasse und trage sie in mein Zimmer. Simba verspeist sein Frühstück und danach macht er seinen Morgenspaziergang. Ich weiß aus Erfahrung, dass er bei diesen Minusgraden nicht lange im Freien bleibt. Wahrscheinlich kratzt er gegen sechs Uhr schon an der Terrassentür. Ich genieße meinen Tee im warmen Bett. Es herrscht noch vollkommene Dunkelheit in der Natur, jedoch ich brauche kein Licht. Der Feuerschein vom Ofen spendet genug Licht und ich höre das Krähen von Nachbars Hahn. Ein Frühaufsteher vor dem Herrn.

Meine Gedanken wandern dahin. Die ersten drei Tage des neuen Jahres sind vorüber und ich bin neugierig, was auf mich, auf uns, alles zukommt. Morgen besucht uns noch einmal mein Enkelsohn und bleibt über Nacht. Wir spielen unsere DKT-Runde weiter, die wir vor einer Woche begonnen haben und plaudern bis spät in die Nacht. Ich werde von den vertrauten Geräuschen an der Tür unterbrochen. Simba will ins Haus. Er springt zu mir ins Bett und beginnt mit seiner Putzorgie. Dann rollt er sich am Kopfpolster zusammen und schnurrt leise vor sich hin. Das Zeichen für mich, mich zu ihm hinzukuscheln und vielleicht noch eine Stunde vor mich hinzudösen. Die Teetasse ist leer und in zehn Minuten werden die Kirchenglocken läuten. Es ist ein angenehmes Gefühl, weiß ich doch, dass ich noch nicht aufstehen muss.

Ich gleite in meine Träumereien hinüber…. Ich mache mit ihm einen Spaziergang und wir reden endlich miteinander. Unsere Hände berühren sich und er nimmt meine in seine. Händchen halten! Ich mag das sehr. Diese Geste ist warm und vertraut, so innig. Kalt ist uns nicht, unsere Gefühle wärmen uns. Er bleibt stehen und sieht mich an. Seine dunkelbraunen Augen strahlen und er beugt sich zu mir und ganz zart berühren seine Lippen die meinen, wie der Flügelschlag eines Kolibris. Mein Herz überschlägt sich vor Begeisterung und es fühlt sich soooo gut an. Seine Lippen sind weich und kühl und ich bin im siebten Himmel.

Das Sechsuhrläuten reißt mich aus meinem Traum und ich lächle über mich selber. Jetzt werde ich 68 und ich glaube weiterhin an die große Liebe. Warum auch nicht? Für die Liebe ist man nie zu alt und Hurra, wir leben noch!








© Gabriele Leeb 2025-01-04

Genres
Biografien
Stimmung
Emotional, Hoffnungsvoll, Unbeschwert