Meine Gedanken, meine Zweifel. Hoffnung.

Johannes Rath

von Johannes Rath

Story

Also ganz ehrlich, ich zweifle.

An den Weissagungen, dass nach Corona nichts mehr so sein wird, wie es war.

Dass ein Umdenken stattfindet und der Mensch ein anderer, ein verantwortungsvoller, behutsamer, umsichtiger, quasi ein „besserer“ wird.

So leid es mir auch tut, das bezweifle ich.

Der Mensch wird diese Chance nicht nutzen, befürchte ich.

Die Chance, wieder zu sich zu kommen, der Beschleunigungs-, Optimierungs,- Leistungs- und Konsumgesellschaft zu entsagen.

Die Chance, sich wieder auf das Wesentliche und Wichtige zu besinnen und im Einklang mit sich selbst, den Mitmenschen und der Erde zu sein.

Bescheidenheit, innere Einkehr, Reduktion , Reflexion wären so notwendig.

Und das ist das eigentlich schlimme an dieser „Krise“.

Der Mensch wird, wenn alles vorbei ist, wieder in den alten Trott, die alten Muster fallen.

Und Nachholbedarf zeigen.

Die momentane, durchaus hoffnungsgebende, vielerlei sogar besinnliche Stimmung, das Innehalten wird vergehen wie die Weihnachtsstimmung.

Der Mensch wird „Corona is over“- Parties feiern, und so tun, als hätte er Pest und Cholera gleichzeitig besiegt.

Aber das hat er nicht.

Corona ist eine Warnung.

Eine gutgemeinte Warnung der Erde, der Natur, des Universums, eines „transzendenten Höheren“, was auch immer.

Eine Warnung vor uns.

„Mensch, überdenke dich selbst“.

Und es würde alles Sinn machen, wenn nicht der Mensch so unsinnig wäre.

Gutgemeint ist die Warnung deshalb, weil es noch viel schlimmer sein könnte.

Das Sterben der Menschen aus der „Risikogruppe“, so traurig und tragisch es auch ist, ist zudem eine relativ milde Form der Warnung.

Ja, ich spreche es aus, auch wenn mich das nicht sehr empathisch erscheinen lässt:

Es könnte noch viel schlimmer und brutaler sein, nahezu biblisch brutal könnte es sein.

Wir hätten es vermutlich verdient.

Es wird so kommen, wenn wir uns nicht besinnen.

Vielleicht versteht der Mensch in seiner fortschreitenden Verrohung und Ignoranz keine andere Sprache mehr.

Corona ist auch eine Frage an uns.

„Wie wollt ihr weiterleben?“

Vieles ginge auch ohne dessen, was für uns so selbstverständlich geworden ist.

Ohne das „viele“ und „immer mehr“, das wir alles nicht brauchen, um trotzdem zufrieden zu sein.

Was wir vielleicht nicht brauchen dürfen, um weiter gut zu leben, gemeinsam, mit und auf unserer Erde.

Das Virus zeigt uns was uns fehlt, nämlich wir selbst.

Wir müssen zu uns zurückkehren.

Und sollte der Mensch doch umdenken, so hätte jedes einzelne Opfer einen höheren Sinn erfüllt.

Damit würde ihnen etwas märtyrerisches anhaften und sie würden keine Bauernopfer sein.

Und das wäre dann wenigstens ein wenig tröstlich.

Wir brauchen ein Umdenken, dringend und nachhaltig.

Der Mensch für sich und die Erde für uns brauchen es.

Denn sonst hätten wir nichts gelernt.

Ich fürchte – wir lernen nicht.

Aber – ich lasse mich gerne vom Gegenteil überzeugen.

Ich hoffe.

© Johannes Rath 2020-04-10